Zweifelhaftes im Grazer Schauspielhaus

Identitätskrisen hat es schon in der Antike gegeben, und einer der bekanntesten Zweifler ist wohl der Feldherr Amphitryon. Heinrich von Kleist schrieb 1807 die gleichnamige Tragikomödie, die Walter Meierjohann im Schauspielhaus Graz nun inszeniert.

Was passiert, wenn man nach einem Krieg nach Hause kommt, und man ist schon da? Das erfährt Sosias, Diener des Feldherrn Amphitryon, am eigenen Leib. Götterbote Merkur hat sich nämlich in ihn verwandelt und verweigert ihm den Zutritt. Ein Verwirrspiel beginnt - quasi als Vorspiel auf Dienerebene zur göttlichen Komödie.

Bühne

Lupi Spuma

Heinrich Kleist schrieb „Amphitryon“ in Anlehnung an Molieres gleichnamiges Stück

Identitätskrise durch Verwirrspiel

Jupiter gibt sich bei Amphitryons Ehefrau Alkmene als deren Gatte aus und verbringt mit ihr eine leidenschaftliche Liebesnacht. Alkmene ist sich keiner Schuld bewusst, doch Amphitryon stürzt diese Verwirrung in eine Identitätskrise, und auch Jupiter zweifelt an seinen Fähigkeiten als Liebhaber und vergleicht sich mit dem menschlichen Nebenbuhler.

Gott kämpft um Frau und mit Ego

Beide Rollen – Amphitryon und Jupiter - werden durch Jan Thümer verkörpert - denn Gott und Mensch ähneln sich in ihren Selbstzweifeln, meint Regisseur Walter Meierjohann: „Wir wollten erzählen, dass beide ein großes Egoproblem haben, sowohl der Gott als auch der Mann oder der Mensch. Da begegnen sie sich, deswegen macht auch die Doppelbesetzung Sinn. Da haben wir auch gesehen, immer wenn die Kränkung ihn erreicht, geben sich die beiden eigentlich nichts, da sind sie sehr identisch. Man denkt immer, der Gott kann alles, der hat ja kein Problem, aber hier hat er ein Problem, er kämpft um die Frau aber gleichzeitig mit seinem Ego.“

Bühne

Lupi Spuma

Publikum spielt mit

Was Alkmene langsam in den Wahnsinn treibt, konterkarieren Charis und ihr Gatte Sosias auf der Dienerebene - wähnt sich doch auch ein Gott in ihm. Ein Verwirrspiel, das Walter Meierjohann nicht nur auf der beinahe leeren Bühne - nur ein goldener Vorhang steht für Amphitryons Haus, vor dem drei Wasserbecken aufgebaut sind - sondern auch viel im Publikumsraum spielen lässt.

Sendungshinweis:

„Steiermark heute“, 15.11.2013

Ein Albtraum am Ende

Zum Schluss verschärft er den Konflikt: Amphitryon und Jupiter werden als zwei Facetten einer Person gezeigt. „Da haben wir eine theatralische Übersetzung gefunden, dass die wirklich aufeinanderstoßen und die Frau hin- und hergerissen wird und der Wahnsinn sozusagen sich da um sie herumdreht. Das Stück wandert am Ende fast in ihren Kopf hinein, so haben wir das angelegt, dass es am Ende fast ein Albtraum von ihr ist“, erklärt Regisseur Meierjohann.

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