Wie Katzen unsere Sprache verändern

Dem Internet und dessen schnurrenden Stars hat sich die Grazer Sprachwissenschaftlerin Edith Podhovnik verschrieben. Ihre These: Katzen verändern die Sprache von Internetnutzern weltweit. Wie das geht, verriet sie im Interview.

Edith Podhovnik

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Die Soziolinguistin Edith Podhovnik promovierte an der University of Wales und schloss zwei Magister in Englisch und Russisch an der Grazer Karl-Franzens-Universität ab. Neben ihrer Lehrtätigkeit an der FH Joanneum in Graz forscht sie rund um Katzen in der Öffentlichkeit.

ORF Steiermark: Viele Internetnutzer haben den Eindruck, dass Katzen auf Sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter oder Instagram immer öfter auftauchen - können Sie das aus wissenschaftlicher Sicht bestätigen?

Edith Podhovnik: Der Eindruck ist richtig: Wenn man sich einmal damit beschäftigt, merkt man, dass Katzen überall sind. Auf den Sozialen Medien, aber auch in Printmedien, im Fernsehen, in der Werbung - überall hat man Katzen.

ORF Steiermark: Sie haben sich eingehend mit dem Thema „Katzen im Internet“ beschäftigt. Demnächst werden Ihre Forschungsergebnisse in der Cambridge University Press veröffentlicht - worum geht es in der Publikation genau?

Podhovnik: Es gibt auf Instagram sehr viele Katzen-Accounts, über die Besitzer ihre Katzenfotos posten. Dazu kommen Bildunterschriften und Kommentare, wobei sehr viel mit Sprache herumgespielt wird. Das passiert meistens auf Englisch, über Hashtags. Wortteile werden ausgetauscht mit Wörtern wie Schnurren, Miauen, Kratzen, Pfauchen - und dadurch wird die Sprache sozusagen „katzifiziert“.

Dabei spricht die Katze selbst, andere Leute antworten auch als Katzen. Und ich habe untersucht, welche Wörter da entstehen - und dann kommt man drauf: Das passiert nicht nur in den englischsprachigen Ländern, sondern auch in Österreich, Deutschland, Russland, Lateinamerika, China, Japan - das ist wirklich ein weltweites Phänomen.

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Das Witzige daran ist, dass es eigentlich noch kaum erforscht ist: Es gibt nur ein paar Studien: Eine Kollegin aus Amerika hat etwa gezeigt, dass Katzenvideos wie auch Katzen selbst gut auf Menschen wirken, die Stimmung heben.

ORF Steiermark: Auf Ihrer Bürotür hängen Zettel mit Ausdrücken wie „#meowtoo“ als Anspielung auf die aktuelle „#metoo“-Debatte - welche Wörter sind Ihnen sonst noch ein- oder aufgefallen?

Podhovnik: Das Wort „Meowlogismus“ ist zum Beispiel ein Wort, das mir eingefallen ist. Es gibt ja das Wort „Neologismus“ für Wortneuschöpfungen. Hier habe ich das „Neo“ durch „Meow“ ausgetauscht. Es ist im Englischen leichter - dadurch, dass Aussprache und Schrift nicht zusammenpassen. Da haben wir zum Beispiel „#fakemews“ als Anspielung auf Trumps „#fakenews“ oder „#kittyleaks“ als Anspielung auf „#wikileaks“.

Ein anderer Miaulogismus ist „#caturday“ - das war einer der ersten Begriffe aus den Sozialen Medien. Hier wurde „Saturday“, also „Samstag“, katzifiziert. Mit diesem Hashtag posten Leute am Samstag ihre Katzenbilder - auf Englisch, aber dazu müssen sie keine Muttersprachler sein.

ORF Steiermark: Aber warum teilen wir so gerne Katzenfotos mit der Welt? Was steckt dahinter?

Podhovnik: Eine Theorie, die mir untergekommen ist: Hunde kann man ausführen auf die Straße - aber das soll man mal mit einer Katze versuchen! Das geht nicht. Aber man möchte seine Katzenbilder teilen - und das macht man jetzt im Internet. Dazu kommt, dass Katzen wahnsinnig fotogen sind.

ORF Steiermark: Dabei sprechen Sie aus eigener Erfahrung: Ihre Katze Murrli Katzenberger ist auf sämtlichen Sozialen Medien vertreten.

Podhovnik: Murrli Katzenberger ist eine Katze, die uns vor zehn Jahren zugelaufen ist. Sie hat ein Social-Media-Profil bekommen, weil ein Kollege seine Katze Professore Mauz auf Facebook gehabt hat.

Sendungshinweis:

„Steiermark heute“, 6.2.2018

Dann habe ich mir gedacht, ich mache das Gleiche mit Murrli. Mittlerweile hat sie auch einen Twitter-Account und Instagram, wobei auf Instagram nur Katzenbilder sind. Twitter verwende ich, um Miaulogismen zu posten. Ich habe auch eine zweite Katze, die nicht auf Sozialen Medien vertreten ist. Die haben wir vor einem Jahr aus dem Tierheim geholt. Und da gibt es auch im Internet sehr viele Hashtags dazu wie „#adoptdontshop“ - also „Adoptieren und nicht Einkaufen“.

ORF Steiermark: Was macht diese „Faszination Katze“ nun aus?

Podhovnik: Das ist die große Frage. Die Katzen krallen sich das Internet und hinterlassen ihre Kratzspuren in der Sprache. Katzen werden hier vermenschlicht, bezeichnen ihre Besitzer als „mein Papa“, „meine Mama“, „meine Dosenöffner“ - und sie sind der große Star. Die Menschen lieben das. Warum, dem bin ich noch nicht nähergekommen. Es gibt ja auch den schönen Spruch: Hunde haben Besitzer, Katzen haben Sklaven. Und das stimmt!

Das Interview führte Sandra Suppan, ORF Steiermark

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