Ekaterina Degot ist neue „herbst“-Intendantin
Um die Intendanz des „steirischen herbst“ hatten sich 78 Personen beworben, darunter 31 Frauen und 47 Männer; 28 Bewerber kamen aus Österreich, fünf der Bewerbungen wurden von Kollektiven eingereicht - mehr dazu in „steirischer herbst“: 78 Bewerbungen (13.3.2017).
Nachfolge von Veronika Kaup-Hasler
Die Findungskommission unter der Leitung von Heinz Wietrzyk hatte für das Hearing Freitagvormittag zwei Kandidaten ausgewählt, wobei Degot letztlich den Vorzug erhielt. Damit folgt sie 2018 auf Veronica Kaup-Hasler, die nach elf Jahren bei der 50. Ausgabe des Festivals ihren Schlusspunkt setzt.
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Degot wurde am 2. Dezember 1958 in Russland geboren. Derzeit leitet sie die Kölner Akademie der Künste der Welt. In der russischen Kunstszene hat sich die 58-Jährige bereits seit den 1980ern als Kunsthistorikerin, Kritikerin und Kuratorin einen Namen gemacht.
Als Degots Schlüsselprojekte gelten etwa die von ihr ko-kuratierte Ausstellung zur Geschichte sowjetischer Unterwäsche „Gedächtnis des Körpers“ (2000), „Der Kampf für den Banner - Sowjetische Kunst zwischen Trotzki und Stalin“ (2008), eine Retrospektive zum Werk des nahezu vergessenen Avantgardisten Pjotr Subbotin-Permjak (2009) oder einen der raren russischen Überblicksausstellungen über ukrainische Kunst (2010).
Bekennende Linke und Putin-Kritikerin
Die kritische Haltung der bekennenden Linken in Bezug auf das zunehmend autoritäre Regime von Wladimir Putin reduzierte zuletzt zunehmend ihre Möglichkeiten, in Russland große Ausstellungen zu verantworten.
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Erste Worte als „steirischer herbst“-Chefin
Im Zuge ihrer Antritts-Pressekonferenz verriet Degot die größte Herausforderung ihrer neuen Aufgabe
Bereits Ende 1999 hatte sie in einem legendärem Kommentar im russischen Medium „Kommersant“ auf die Mitverantwortung der Kulturszene verwiesen, die sich kurz zuvor in Wahlkämpfen von kremlnahen Politikern hatte instrumentalisieren lassen. Nach der Annexion der Krim schrieb sie 2014 einen offenen Brief an Freunde und Kollegen in der Ukraine: „Ich möchte euch alle um Verzeihung bitten, dass wir in Russland nicht entschieden genug vorgegangen sind und jenes Regime Putins, das euch heute bedroht, nicht zerstören konnten.“
Mit Igor-Zabel-Award ausgezeichnet
Parallel verlagerte Degot, die 2014 in Wien mit dem Igor-Zabel-Award der Erste-Stiftung auszeichnet wurde, ihre Aktivitäten ins Ausland. 2012 verantwortete sie mit David Riff die erste Biennale im norwegischen Bergen, ab 2014 leitete sie die städtische Kölner Kunstinstitution „Akademie der Künste der Welt“, die sich Mitte April im Rahmen der „Pluriversale“ mit populistischer Politik und einem neuen Extremismus der politischen Mitte beschäftigen wird.
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Im Gespräch mit Radio-Steiermark-Redakteur Gernot Rath verrät Degot, was sie für ihre Bewerbung beim „steirischen herbst“ motivierte
Bevor ihr Vertrag in Köln auslaufen sollte, wurde nun bekannt, dass die Moskauerin ab 2018 den „steirischen herbst“ leiten wird. Für die kommenden Monate erwarte sie nun eine „enorme Hausarbeit“, freue sich aber auf die Herausforderung, ein „schon bisher gelungenes Festival frecher, frischer und vielleicht jünger“ zu machen, wie sie am Freitag bei der Vorstellungspressekonferenz in Graz erklärte.
„Ich glaube an Kunst mit Sinn und Content“
Kulturlandesrat Christian Buchmann (ÖVP) zitierte in seinen einleitenden Worten aus der Bewerbung der neuen Intendantin, wonach ein „frecher Denkansatz“ auch künftig beim „steirischen herbst“ erlaubt sein müsse, was Buchmann besonders gefallen habe. Degot wolle den Blick außerdem weiter nach Zentral- und Osteuropa lenken und auch die Literaturtradition und mitschwingende Ironie nicht aus den Augen verlieren. „Ich verspreche kontroverse Diskussionen, denn ich glaube an Kunst mit Sinn und Content.“
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Degot zufolge gehe es immer um das Leben, das vielleicht mal schwierig oder dunkel sei: „Die Kunst spielt darin eine wichtige Rolle.“ Sie freue sich auf die „neue Etappe“ in Graz. Im Vergleich zu Kaup-Hasler, die den Schwerpunkt eher auf Theater gelegt hatte, könnte Degot ihren Fokus mehr auf die bildende Kunst richten: „Aber auch Performance wird bleiben.“