Pflegeskandal: Pflegekräfte am Limit

Die Missbrauchsfälle am LKH Graz Süd-West werden derzeit viel diskutiert. Von überfordertem Personal sprechen nun die Menschen, die ihrerseits für die Pflegekräfte da sind - Betriebsräte und Psychologen.

Patienten sollen beschimpft, geschlagen, erniedrigt worden sein - über Monate, immer wenn die vier Pflegekräfte gemeinsam Nachtdienst hatten - mehr dazu in Schwere Vorwürfe gegen vier LKH-Mitarbeiter und in LKH Graz Süd West: Patientin bestätigt Vorwürfe. Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft, das Land richtet eine Untersuchungskommission ein - mehr dazu in Pflegeskandal: Stingl soll Kommission leiten. Diese soll die Hintergründe beleuchten.

„Überforderungsreaktion“

Von Gruppendynamik und Druck auf die Kollegen sprach der ärztliche Leiter des LKH Graz Süd-West, Michael Lehofer, von mangelnder Empathie und auch davon, dass die Pflegekräfte wohl überfordert gewesen seien.

„Es ist ein sehr herausfordernder Beruf, und es kann natürlich schon zu einer Überforderungsreaktion kommen. Da geht es um Konflikte zwischen den Mitarbeitern, mit Vorgesetzten, oft ist es auch die Kombination, wenn es private Schwierigkeiten gibt - Pflegekräfte sind ja keine Roboter. Und da kann es schon sein, dass man an sein persönliches Limit kommt“, bestätigt auch die Psychologin Carola Strobl-Unterweger. Sie bietet seit 25 Jahren in Graz Supervision für Pflegekräfte, auch für das Personal des LKH Süd West, an.

15.000 Stunden für Supervision und Fortbildung

Insgesamt stehen den Mitarbeitern des LKH Graz Süd-West 15.000 Supervisions- und Fortbildungsstunden pro Jahr zur Verfügung, und es nehmen auch immer mehr Kräfte Supervision, die immer anonym ist, in Anspruch. „Es ist sozial anerkannter geworden, dass man sich Hilfe sucht, die Anforderungen steigen immer mehr - und mehr Personal wäre sicher auch wünschenswert“, so Strobl-Unterweger.

„Es ist eine belastende Station“

597,57 Pflegedienstposten gibt es am LKH Graz Süd-West, das sind pro Nachtdienst in Summe zwölf Kräfte für maximal 109 Patienten - laut Land eine Überbesetzung im Ausmaß von zehn Prozent. „Die gesetzlichen Vorgaben sind natürlich erfüllt - aber zu Personalengpässen kommt es natürlich da oder dort immer“, so der Betriebsratsvorsitzende am Standort Süd, Karl Heinz Köllinger.

„Es ist eine belastende Station, eine belastende Abteilung - es kann da oder dort zu Überforderung kommen. Aber den Mitarbeitern im Haus geht es generell nicht sehr gut. Es tut allen sehr Leid, dass unser Haus jetzt in Misskredit geraten ist und dass jetzt über einen Kamm geschoren wird“, so Köllinger. Drei der vier Pflegekräfte wurden entlassen - noch ist unklar, wie viele Patienten zu Opfern wurden.

Link: