Aus dem Heute in die 40er-Jahre

Ein Familiengeheimnis, eine längst vergangene Liebesgeschichte und portugiesische Musik: „Die Handschuhmacherin“ von Manuela Martini erzählt die Geschichte einer Amerikanerin, die Portugal und ihre Familiengeschichte erkundet.

Handschuhmacherin

Langen Müller

„Die Handschuhmacherin“, Manuela Martini,ISBN: 978-3-7844-3378-3, Preis: 20,60 Euro

Die Geschichte beginnt in Patagonien: Tess und ihre Tante Rose finden bei der Wohnungsauflösung ihres verstorbenen Großvaters den Text eines berühmten Fado. Tess, die eigentlich in Chicago lebt, ist von diesem Text so fasziniert, dass sie sich auf die Spuren ihres Großvaters begibt - und die führen sie nach Lissabon.

Auf der Flucht vor den Nazis

Mit dieser Stadt verbindet sie ein besonders trauriges Kapitel ihres eigenen Lebens: Ihre Mutter ist in Lissabon ums Leben gekommen, als sie selbst gerade erst zwölf Jahre alt war. Und so ist Tess die einzige, die dem Familiengeheimnis auf die Spur kommen kann - denn ihre Großmutter, die in die Ereignisse damals verstrickt war, leidet an Alzheimer und hat sich ganz in ihre eigene Welt zurückgezogen.

Die junge Amerikanerin taucht ein in das Leben der Hauptstadt Portugals, verbringt viele Stunden in der verwinkelten Altstadt und in den Fado-Lokalen. Die schwermütige Stimmung dieser Musik nimmt sie gefangen und führt Tess ins Lissabon der 40er-Jahre. Ihre Großeltern waren auf der Flucht vor den Nazis hier gelandet und warteten monatelang auf ein Schiff in die USA. In dieser Zeit verliebt sich der Großvater unsterblich in eine junge Handschuhmacherin, die auch eine großartige Fado-Sängerin ist.

Sendungshinweis:

„Guten Morgen Steiermark“, 11.10.2015

Viele Zufälle, wechselnde Perspektiven

Ein Tagebuch aus diesen Tagen, das Tess zufällig findet, erzählt die Geschichte dieser Liebe, die nicht nur das Leben der beiden Liebenden für immer verändert hat. Tess entdeckt schließlich, dass schon ihre Mutter zumindest eine Ahnung von diesem Schicksal gehabt haben könnte.

Es sind etwas zu viele Zufälle, die diesem Roman prägen, manchmal erscheint die Geschichte auch nicht ganz schlüssig. „Die Handschuhmacherin“ ist aber trotzdem ansprechend geschrieben. Es gelingt Manuela Martini auch, die unterschiedlichen Zeitebenen und die wechselnden Perspektiven sehr schön zu verweben. Unerwartete Aktualität bekommt der Roman auch durch die Flüchtlingskrise - denn einen zentralen Teil nimmt die Beschreibung des Alltags der Flüchtlinge vor dem Nazi-Regime ein.

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