Das Buch der falschen Zitate

Aussagen wie „Wer zuletzt kommt, den bestraft das Leben“ sind so nie gesagt worden und dennoch weit verbreitet. Martin Rasper zeigt in seinem Buch „‚No Sports‘ hat Churchill nie gesagt“ falsche Zitate und deren Geschichte auf.

Einleitungen wie „Einstein hat gesagt, dass...“ oder „Bei Luther steht...“ verleihen einer Aussage oder einem Zitat mehr Wirkung und Glaubwürdigkeit. Das heißt aber noch lange nicht, dass die Aussage auch richtig zitiert ist, oder das Zitat tatsächlich von der besagten Person stammt.

Verfremdet, fehlerhaft und erfunden

Der deutsche Journalist Martin Rasper hat sich Zitate und deren Geschichte genau angesehen und dabei festgestellt, dass viele Zitate verfremdet, fehlerhaft oder schlicht erfunden sind - dennoch werden sie immer wieder gerne verwendet.

So soll etwa der britische Premier Winston Churchill zwei Zitate geprägt haben: Zum einen wird ihm nachgesagt, nur jenen Statistiken getraut zu haben, die er selbst gefälscht hätte, zum anderen soll der Ausspruch „No Sports“ von ihm stammen.

"Das Buch der falschen Zitate"

ecowin/ORF

Gefälschte Statistiken

Beides ist laut Rasper falsch. Churchill sei in seiner Jugend ein ausgezeichneter Reiter, Polo-Spieler und Kavallerie-Soldat gewesen – ein Sportler durch und durch. Und die gefälschten Statistiken seien nachweisbar eine Propagandalüge der Nazis: „Die falschen Churchill-Zitate existieren nur im Deutschen. Die kennt in England kein Mensch. Das ist im Grunde ein kulturelles Konstrukt und spiegelt unsere Sicht auf Churchill.“

Was tut man nicht alles, um der Nachwelt einen griffigen Satz zu hinterlassen? „Manche von diesen Sätzen sind ja so gut, dass eine teure Werbeagentur das nicht besser hätte hinkriegen können. Und wenn sie dann auch noch etwas über die betreffende Person aussagen, dann bleiben sie einfach“, so Rasper.

„Wer zu spät kommt...“

Ein Beispiel dafür ist Michail Gorbatschows „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“: 1989 war der Sowjet-Führer zu Besuch in der DDR. Bei einem offiziellen Termin wandte er sich außer Protokoll an die wartenden Journalisten und hielt eine Ansprache. Dabei fiel der Satz „Gefahren warten nur auf jene, die nicht auf das Leben reagieren“. Übersetzungsfehler von Russisch auf Englisch und dann weiter ins Deutsche führten schließlich zu dem Satz der Wende schlechthin.

Sendungshinweis:

„Guten Morgen, Steiermark“, 14.1.2018

Ähnliches passierte auch bei berühmt gewordenen letzten Worten: Goethes „Mehr Licht“ oder Galileis „Und sie bewegt sich doch“ wurden so nie gesagt. „Natürlich kann man nicht nachweisen, ob jemand nachts vor dem Einschlafen etwas vor sich hin gemurmelt hat. Aber es geht ja immer um nachweisbare Überlieferungen. Und wenn es überhaupt keine Überlieferung gibt, und plötzlich taucht dieser Satz auf, dann kann man davon ausgehen, dass er erfunden ist.“

„‘No Sports‘ hat Churchill nie gesagt“ ist ein Buch voller Aha- und Achso-Effekten, wie es auch auf dem Einband steht - ein Buch zum Nachschlagen, Mitdenken und Wundern.

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