„Polnische Hochzeit“ feiert Wiederauferstehung

Eine freche Operette hat die Oper Graz ab sofort im Programm: Joseph Beers „Polnische Hochzeit“. Das Fest der Irrungen und Wirrungen, der Eitelkeiten und Köstlichkeiten kommt nach acht Jahrzehnten wieder auf die Bühne.

Die Operette „Polnische Hochzeit“ von Joseph Beer war kurz vor dem Zweiten Weltkrieg ein umjubelter, internationaler Erfolg, heute ist sie aber vollkommen in Vergessenheit geraten. Das Werk des jüdischen Komponisten galt in der NS-Zeit als „entartet“ und verschwand von den Spielplänen. Nun hebt die Grazer Oper diesen Schatz und bringt die „Polnische Hochzeit“ nach acht Jahrzehnten erstmals wieder auf eine Opernbühne.

Polnische Hochzeit

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„Groß, bombastisch und gefühlsbeladen“

Es klingt fast wie eine Vorwegnahme seines eigenen Schicksals: Nur wenige Monate nach dem einschlagenden Erfolg der „Polnischen Hochzeit“ musste Joseph Beer vor den Nazis fliehen. „Ja, ich glaube, das kann eine unbewusste Vorwegnahme sein. Darum ist vielleicht auch die Musik so dramatisch, so groß, so bombastisch, so gefühlsbeladen“, so Regisseur Sebastian Ritschel.

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Bauernvolk wie Spielzeugfiguren

Auffallend sind auch die Kostüme von Andy Besuch: Sie sind bunt, sie sind schrill, sie sind folkloristisch - und vor allem der Chor steckt als Bauernvolk in Schaumstoffkostümen, die an Spielzeugfiguren erinnern: „Uns war sehr, sehr wichtig, dass man dieses Bauernvolk so darstellt, wie der Komponist das wollte. Nämlich: Sie haben keine Meinung, sie feiern fröhlich - also eigentlich wie Puppen“, so der Regisseur.

Von Broadway bis Jazz

Beers „Polnische Hochzeit“ ist eine Liebesgeschichte: Freiheitskämpfer Boleslav kehrt in die polnische Heimat zurück, um seine Jadja zu heiraten. Doch sein eigener Onkel tritt als Nebenbuhler auf und will ihm einen Strich durch die Rechnung machen. Die „Polnische Hochzeit“ lebt von den wunderbaren Melodien, die vom wehmütigen Lied, bis zu Broadway-artigen Nummern und jazzigen Klängen reichen. „Das ist wirklich in dieser Konsequenz einzigartig. So viele Dinge auf engstem Raum zu haben, ohne dass es zusammengestückelt wirkt. Das ist schon eine einmalige Leistung gewesen vom Beer“, so der musikalische Leiter, Marius Burkert.

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Von „Herz an Herz“ bis „Katzenaugen“

„Es ist nicht die klassische Wiener Operette, es ist aber auch nicht so eine pure Jazz-Operette, sondern es ist dazwischen. Das heißt, wir haben diese klassischen Melodien wie ‚Herz an Herz‘, wir haben aber auch wilde Broadway-Nummern, wenn wir an die ‚Katzenaugen‘ denken“, so Ritschel.

Sendungshinweis:

„Der Tag in der Steiermark“, 7.12.2018

Aus der Vergessenheit geholt

Doch nach dem Siegeszug der „Polnischen Hochzeit“ über 40 Bühnen in wenigen Monaten folgte das abrupte Ende: „Man mag es gar nicht glauben, dass es in Vergessenheit geraten ist. Aber durch die Machtergreifung der Nazis musste unter anderem Joseph Beer seinen Hut nehmen, und die Theater haben sich nicht getraut, dieses Werk zu spielen - auch nicht nach dem Krieg“, so Ritschel.

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Freude und Spannung rund um einen Schatz

„Ich find es wahnsinnig spannend, und es macht mir große Freude, dass wir das jetzt hier als Erste szenisch auf großer Bühne aufführen können, und ich hoffe, dass das auch seinen Anklang finden wird“, so Burkert. Der Versuch der Oper Graz, diesen musikalischen Schatz wieder zum Funkeln zu bringen.

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