Die neue Macht der Mauern

Mauern, Zäune und andere Barrieren zwischen Staaten erleben derzeit eine in dieser Intensität doch unerwartete Renaissance. Gleich zwei Bücher befassen sich aktuell mit dem Phänomen Grenzmauer oder Grenzzaun.

Seit dem 22. Dezember geht im US-amerikanischen Bundeshaushalt nichts mehr, weil sich Demokraten und Republikaner, allen voran Präsident Donald Trump um die Gelder für eine Grenzmauer nach Mexiko streiten - mehr dazu in Regierungsstillstand geht in Woche vier (news.ORF.at).

Mauern sind aber nichts Neues, das zeigen zwei aktuelle Bücher: „Abschottung - die neue Macht der Mauern“ von Tim Marshall und „Ausgeschlossen - eine Weltreise entlang Mauern, Zäunen und Abgründen“ von Marc Engelhardt.

„Eine Ära der Mauern“

„Wir leben in einer Ära der Mauern. Zusammengenommen sind sie 41.000 Kilometer lang, aneinandergereiht würden sie einmal um die ganze Erde reichen. 60 neue Grenzzäune, Mauern und Absperrungen wurden seit 1990 errichtet, geplant oder sind derzeit im Bau. Im Kalten Krieg waren es gerade einmal 19, von denen noch zehn erhalten sind. Die Mauern von heute stehen auf beinahe allen Kontinenten, je knapp ein Drittel in Asien und Europa, jede fünfte im Mittleren Osten, die restlichen in Amerika“, rechnet etwa der deutsche Journalist Marc Engelhardt in seinem Buch „Ausgeschlossen“ vor.

"Ausgeschlossen"

DVA

Engelhardt ist Mitglied des Korrespondentennetzkwerks „Weltreporter“ und hat gemeinsam mit 25 anderen Kollegen quasi einen Sammelband der Mauern zusammengestellt. Die zehn bis 20-seitigen Beiträge befassen sich aber nicht nur mit den bekannten Abschottungs-Hotspots, sondern auch mit den Grenzbefestigungen in Tunesien und dem Libanon, zwischen Armenien und Aserbaidschan, mit den Mauern um die besseren Stadtviertel in brasilianischen Großstädten und mit „Klimamauern in den Niederlanden“.

Sendungshinweis:

„Guten Morgen, Steiermark“, 13.1.2019

Mauern auf der ganzen Welt

Ähnlich aufgebaut ist auch Tim Marshalls Buch „Abschottung": Der BBC-Reporter berichtet aus über 30 Ländern der Welt und besuchte dabei auch die Grenze zwischen Indien und Bangladesch: „Zwischen Indien und Bangladesch steht der längste Grenzzaun der Welt: Er verläuft entlang der 4.000 Kilometer langen Grenze, mit der Indien seinen deutlich kleineren Nachbarn umschließt. Über Hunderte von Kilometern ist es sogar ein Doppelzaun, teilweise mit Stacheldraht bestückt, andere Bereiche sind gemauert, wieder andere elektrisch gesichert oder mit Scheinwerfern überwacht. An manchen Stellen, etwa in Westbengalen, das etwa die Hälfte des gesamten Grenzverlaufs umfasst, ist der Zaun mit intelligenten Sensoren, Peilgeräten, Wärmebild- und Nachtsichtkameras ausgestattet, die an eine satellitengestützte Kommandozentrale angeschlossen sind.“

"Abgeschottet"

dtv

Tim Marshall versucht auch so etwas wie eine kulturgeschichtliche Erklärung, wie Mauern und Grenzen in unsere Welt kamen.

Verständlich und kundig geschrieben

Beide Bücher sind verständlich und kundig gleichermaßen geschrieben, daher leicht zu lesen und auch immer wieder gut für das eine oder andere Aha-Erlebnis in Sachen Verblendung, antidemokratischen Starrsinn und Vergeblichkeit. Letzteres wird wohl am besten ausgedrückt durch ein Zitat von Janet Napolitano, der Heimatschutzministerin unter Barack Obama: „Zeige mir eine 50 Fuß hohe Mauer, und ich zeige Dir eine 51 Fuß lange Leiter.“

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