Die Geschichte eines kaputten Menschen

„Lucia di Lammermoor“ gilt als eine der berühmtesten Opern des italienischen Komponisten Gaetano Donizetti. Die Oper Graz bringt das Stück über die unterdrückte Frau, die jegliche Ambition im Leben aufgeben muss, auf die Bühne.

„Lucia di Lammermoor“ von Gaetano Donizetti vereint typische Elemente der italienischen Oper des 19. Jahrhunderts – es ist eine Liebesgeschichte mit tragischem Ausgang: Eine Frau mit Ambitionen muss sich dem Patriachat beugen und zerbricht schließlich daran.

An männlicher Vormachtstellung gescheitert

„Bei uns in diesem Ambiente ist es ja auch so, dass ein bisschen angedeutet wird, dass sie eine Frau ist, die ambitioniert ist und auch studieren möchte, was zu dieser Zeit noch nicht möglich war für Frauen. Das war fast in ganz Europa noch nicht möglich, sie war ihrer Zeit voraus und wird diese Grenzen der Zeit leider nicht durchbrechen können“, schildert Verena Stoiber, die die Oper in Graz inszeniert hat.

Oper Lucia di Lammermoor an der Grazer Oper

ORF

Ana Durlovski spielt seit rund 20 Jahren die Rolle der Lucia

Sendungshinweis:

„Der Tag in der Steiermark“, 22.3.2019

Weder die Grenzen der Zeit noch die männliche Vormachtstellung kann die anfänglich starke Frau durchbrechen. So wird sie zum Spielball der Interessen ihres Bruders Enrico, der ihre Liebe zu Edgardo nicht akzeptiert – die beiden sind Erzfeinde. Lucia wird genötigt, Arturo zu ehelichen - in diesem Wechselbad der Gefühle scheint Lucia zu zerbrechen.

„Wahnsinnsarie“ fordert besondere Finesse

„Sie ist einfach ein kaputter Mensch, der keine Zukunft mehr hat. Sie glaubt an nichts mehr, und sie will einfach nicht weiterleben. Sie ist erst seelisch gestorben und dann auch körperlich“, beschreibt Solistin Ana Durlovski.

Oper Lucia di Lammermoor an der Grazer Oper

ORF

Ihren Gefühlen verleiht Lucia in der sogenannten „Wahnsinnsarie“ Ausdruck: Sie steht im dritten Akt und ist von musikhistorisch großer Bedeutung, zumal der Sologesang von einer Glasharmonika begleitet wird. Die Spitzentöne der Arie sind von höchster Finesse - nicht umsonst singt die gebürtige Mazedonierin Durlovski die Titelpartie der Lucia seit gut 20 Jahren an diversen internationalen Häusern.

Hysterie im 19. Jahrhundert hoch im Kurs

Angelehnt an die „Wahnsinnsarie“ ist auch die unorthodoxe Szenerie: Die Oper spielt in einem als Amphitheater konzipierten historischen Operationssaal, der in seiner Kahlheit die Kälte der männlichen Protagonisten unterstreicht, so Verena Stoiber: „Im 19. Jahrhundert hat man sich sehr stark mit Hysterie beschäftigt, da waren hysterische Frauen ganz hoch im Kurs. Viele Frauen sind unter dem Begriff der Hysterie eingeliefert worden in Hospitäler. Man hat immer mehr angefangen, sich auch für psychische Krankheiten zu interessieren“, so Stoiber.

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