Eine Spirale aus Liebe, Hass und Tod

Die Kurz-Opern „Cavalleria rusticana“ und „Pagliacci“ sind Klassiker des „Verismo“ - zur Saisoneröffnung der Oper Graz verwebt sie der Schweizer Regisseur Lorezo Fiorino zu einer herausragenden Inszenierung.

In die vermeintliche Landidylle Süditaliens entführt Pietro Mascagnis „Cavalleria rusticana“ - die man mit „Bauernehre“ übersetzen könnte und auf einem Kirchplatz spielt.

"Cavalleria rusticana"

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Die Bühne wird eingerahmt von einem riesigen Holzzaun, um den sich - wie bei einem Volksfest oder im Zirkus - Lämpchen winden. Über der Szenerie schwebt Gott auf einer Art riesigem Fresco - Symbol für starre Regeln und festgefahrene Rituale, erklärt Regisseur Lorenzo Fioroni: „Das ist ja wie das göttliche Universum, das da über dieser Gesellschaft schwebt... es ist intakt, und nie schaut einer hoch oder versucht, daran zu zweifeln.“

"Cavalleria rusticana"

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Doch die Leidenschaften kochen hoch: Eifersucht, Betrug, verschmähte Liebe und verletzte Ehre. Santuzza fleht um die Liebe ihres Verlobten Turiddu, der wiederum ein Verhältnis mit Lola pflegt.

Sendungshinweis:

„Steiermark heute“, 28.9.2018

„Regeln stärker als Individuen“

Getrieben von übermächtigen Emotionen führt eines zum anderen und schließlich zur Blutrache. „Es wird nicht hinterfragt, auch wenn alle darunter leiden, und es müsste nur einer einmal den Mund aufmachen und sagen, das wollen wir nicht, aber diese Regeln sind stärker als die Individuen“, sagt Fioroni.

Wenn die göttliche Ordnung zu Boden fällt

In seiner dichten Regie verwebt der Schweizer Regisseur die beiden Opern intelligent miteinander: Die göttliche Ordnung der „Cavalleria“ kommt in Ruggero Leoncavallos „Pagliacci“ förmlich auf dem harten Boden der Realität an. Das Fresko fällt zu Boden, die Figuren kullern quasi wie Himmelspersonal auf die Bühne, und alles entartet zum grotesk-gruseligen Schauspiel, das das Ende vorweg nimmt, zieht doch der Chor mit Masken des Todes ein.

"Cavalleria rusticana"

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Gott aus dem Fresko steht nun als Canio, der Chef einer fahrenden Theater-Gruppe, auf der Bühne. „Im zweiten Stück spielt die Religiosität auch eine Rolle, aber so, dass sie in den Hintergrund gedrängt wird. Der König der Gaukler, der da im Zentrum steht, schaut dem Gott ganz ähnlich. Es gibt einen Text von Passolini, wo er eine Verbindung macht zwischen dem heiligen Narren und Gott, und das ist eine Verbindung, die wir auch hier ziehen wollen“, sagt Lorenzo Fioroni.

Bitter-böses Spiel um Sein und Schein

Dieser göttliche Narr, Prinzipal Canio, wird von seiner Frau Nedda betrogen. Als er sie zur Rede stellen will, beginnt das Schauspiel der Truppe, und dasselbe wiederholt sich auf der Bühne - so verwischen Theater und Wirklichkeit zu einem bitter-bösen Spiel um Sein und Schein.

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Ein Blick in die Seele

„Das zweite Stück beginnt mit dem Prolog, und der sagt: Schaut nicht unsere Kleider an, schaut uns in die Seele, und ich glaube, das prägt diesen Abend - wir schauen diesen Menschen und vor allem uns selber in die Seele“, meint Nora Schmid, Intendantin der Oper Graz.

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