Baby mit HIV infiziert: Freispruch für Mutter

Mit einem überraschenden Freispruch hat am Freitag in Graz der Prozess gegen jene 43-jährige Steirerin geendet, die ihr Baby mit HIV infiziert hat. Die Frau, die vier Kinder hat und erneut schwanger ist, wurde von allen Anklagepunkten freigesprochen.

Die Frau stand bereits zweimal vor Gericht, zuletzt war sie unter anderem wegen schwerer Körperverletzung zu 14 Monaten bedingter Haft verurteilt worden - mehr dazu in Baby mit HIV infiziert: 14 Monate bedingt (5.3.2012). Dieses Urteil wurde vom Oberlandesgericht aufgehoben. Am Freitag stand die Frau in Graz wieder vor Gericht.

Frau leugnet Existenz von Aids und HIV

Die 43-jährige Steirerin, die äußerlich gesund wirkt, kam im neunten Monat schwanger zur Verhandlung. Die Frau leugnete nach wie vor die Existenz von HIV und Aids, obwohl sie selbst seit 24 Jahren HIV-positiv ist. Schon in den zwei bisherigen Verhandlungsrunden hatte die Angeklagte immer wieder erklärt, dass Aids allenfalls eine Allergie sei.

Die angeklagte Mutter

ORF

Der Mutter wurde schwere Körperverletzung vorgeworfen

Ihr wird schwere Körperverletzung vorgeworfen, weil sie ihr jüngstes Kind, ein heute vierjähriges Mädchen, zu Hause zur Welt gebracht, gestillt und dem Kind keine Medikamente gegen HIV gegeben hatte. Mit drei Monaten erkrankte das Baby an Aids, heute lebt das Kind, das sein Leben lang Medikamente nehmen muss, in einem Kinderheim in Niederösterreich.

Sie habe nur das Beste für ihr Kind gewollt und sehr wohl Verantwortung übernommen, sagte die Angeklagte vor Gericht. Schulmedizinische Medikamente seien hochtoxisch und giftig, argumentiert die Mutter, „die können ein Baby töten“.

Ansteckung: Art und Zeitpunkt unsicher

Ein Gutachter erläuterte, man könne nicht sicher sagen, wann sie das Kind mit HIV angesteckt habe, ob bereits im Mutterleib, während der Geburt oder durchs Stillen. Unsicher sei auch, ob ein Kaiserschnitt eine Ansteckung verhindert hätte. Und man könne ebenfalls nicht sagen, ob eine rechtzeitige Medikamentengabe verhindert hätte, dass das Mädchen mit HIV infiziert wird oder an Aids erkrankt. Deshalb plädierte der Verteidiger auch auf Freispruch.

Staatsanwalt mit Sorge um nächstes Kind

Der Staatsanwalt entgegnete, keine Verurteilung wäre ein Freibrief für die Frau, beim nächsten Kind gleich zu handeln. Die drei älteren Kinder der Frau, die per Kaiserschnitt geboren und vorsorglich behandelt wurden, sind HIV-negativ und leben derzeit wieder bei ihrer Mutter.

Kein eindeutiger Nachweis: Freispruch

Der Richter sprach die Frau frei. Subjektiv gesehen sei ihr Verhalten zwar fahrlässig gewesen, für eine Verurteilung fehle aber der eindeutige Nachweis, dass die Frau ihr Kind durch die Art der Geburt und das Stillen angesteckt habe, argumentierte er. Ebenso unsicher sei, dass eine sofortige Medikamentengabe das Kind vor HIV und Aids bewahrt hätte. Der Ankläger ließ das Urteil unkommentiert, es ist daher nicht rechtskräftig.

Die hochschwangere Frau weinte nach dem Freispruch. Wie sie ihr nächstes Kind zur Welt bringen will, und ob sie es behandeln lässt, war nicht Thema der Verhandlung.