Eine Hand hält einen McDonald’s Burger
ORF.at/Zita Klimek
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Fast Food als „Spiegel der Gesellschaft“

Pommes, Burger und Softdrinks sind nicht gesund. Der Steirer Harald Sükar – immerhin Ex-Manager eines Fast-Food-Konzerns – geht mit seinem neuen Buch aber noch deutlich weiter, wenn er schreibt: „Fastfood ist Kindesmisshandlung“.

Schon der Titel des Buchs ist plakativ: „Die Fast Food-Falle. Wie McDonald‘s und Co. auf Kosten unserer Gesundheit Milliarden verdienen“. Doch was Harald Sükar sagt, gibt zu denken: „Ich war 13 Jahre lang maßgeblicher Teil eines menschenverachtenden globalen Netzwerks“, sagt er und meint die Jahre zwischen 1993 und 2006 – da war er bei McDonald’s beschäftigt, einige Zeit auch als Geschäftsführer von McDonald’s Österreich. Seit über zehn Jahren ist er nun nicht mehr in diesem Geschäft, und trotzdem hat er das Kapitel noch nicht abgeschlossen.

„Empfinde Mitschuld“

„Ich empfinde persönlich tiefe Mitschuld an Kindern vor allem, an denen, die heute an Fettleibigkeit leiden, die heute mit Diabetes zu kämpfen haben“, sagt Sükar. Das Buch sei so auch eine Art Selbsttherapie. Den Anstoß dafür gaben zwei Diabeteserkrankungen von Kindern in seinem näheren Umfeld – er müsse etwas tun, etwas davon erzählen, sagt Sükar, über die Motivation, das Buch zu verfassen.

Das Buch soll sich besonders an Eltern richten und anregen, sehr bewusst und bedacht die Nahrung der Kinder auszuwählen. „Wenn ihre Kinder sie in zehn Jahren fragen werden: Warum hast du mir so viel Zucker gegeben? Dann können sie eben nicht die Argumente der Industrie wiedergeben“, meint Sükar, dann könne man nicht sagen, Fast Food sei Teil einer ausgewogenen Ernährung, wir seien selbst verantwortlich, oder das Kind hätte sich eben mehr bewegen sollen. „Die Eltern haben die größte Verantwortung, den Kindern das nicht zuzumuten“, glaubt Sükar.

Viel Zucker, wenig Nährwert

Denn Fast Food besteht in erster Linie aus Fetten, Emulgatoren und Zucker. Besonders den hohen Zuckergehalt von flüssigen Nahrungsmitteln wie Softdrinks, aber auch Milchshakes und Eis kritisiert Sükar: „Das geht weit über den täglichen Bedarf hinaus.“ Nährwerte hingegen sucht man vergebens – und das gelte für Fast Food ebenso wie für industriell gefertigte Produkte, also etwa auch für die Tiefkühlpizza: Mit diesen Kalorien tue man dem Körper nichts Gutes, so Sükar.

„Haben dem System geglaubt“

Die Fast Food-Konzerne sehen das naturgemäß anders. Die Reaktion seines ehemaligen Arbeitgebers auf sein Buch sei gewesen: „‚Der Herr Sükar kann nicht so viel wissen, weil der ist schon zehn Jahre weg.‘ Ich kann da nur auf die offizielle Seite des Unternehmens verweisen, wo der vorhandene oder auch nicht vorhandene Nährstoffgehalt kommuniziert wird“, sagt Sükar.

„Die Fast Food Falle“
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Das Problem liegt freilich wo anders: „Wir alle in diesem System haben natürlich das interne Brainwash geglaubt“, erzählt Sükar. Dabei gebe es drei Argumentationsebenen: Erstens sei der Mensch ja selbst verantwortlich für das, was er tut und isst – dem widerspricht Sükar: „Wenn sie einmal in einer Sucht drinnen sind, können sie nicht mehr selbstverantwortlich handeln.“

Kalorie ist nicht Kalorie

Die zweite Ebene drehe sich um die Kaloriendiskussion. Es werde zwar gesagt: „Kalorie ist Kalorie“ – mittlerweile sei aber sehr wohl bekannt, dass eine „Anzahl von Gemüse-Kalorien ganz andere Auswirkungen hat als die Anzahl von Flüssigzucker-Kalorien“. Die dritte Ebene und „fatalste Geschichte“ sei, dass immer gesagt werde, man müsse sich nur genug bewegen, dann könne man essen, was man wolle. Auch hier gebe es mittlerweile Studien, die belegen, dass ungesunde Ernährung, „auch wenn sie sich noch so viel bewegen, trotzdem negative Auswirkungen auf ihren körperlichen Zustand haben wird“, so Sükar.

„Die Zeit verlieren sie am Friedhof“

Trotz allem boomt das Geschäft mit Fast Food in Österreich: Eine Erhebung von Branchenradar zeigt, dass im vergangenen Jahr 1,25 Milliarden Euro mit Fast Food umgesetzt wurden – ein Plus von 7,5 Prozent gegenüber 2017.

Sendungsahinweis:

„Guten Morgen, Steiermark“, 18.6.2019

Harald Sükar führt diese Beliebtheit auf zwei Gründe zurück: Zum einen ist es das Marketing, das die Konzerne so gut beherrschen würden, und „zum anderen ist es ein Spiegel unserer Gesellschaft – wir haben alle weniger Zeit, und wir versuchen, die Zeit beim Essen einzusparen“, sagt Sükar. Er habe dazu einen Spruch geprägt: „Die Zeit, die sie beim Essen im Stehen gewinnen, die verlieren sie dann am Friedhof“, so Sükar.