Sendungshinweis:
„Der Tag in der Steiermark“, 8.10.2019
Es ist ein bedeutendes internationales Statement zweier Kulturen, wenn der weit über die Grenzen Österreichs hinaus bekannte Aktionist, Literat und Maler Günter Brus, und der junge aufstrebende mexikanische Nachwuchskünstler Enrique Fuentes gemeinsam die Werkzyklen „Goya“ und „Catrina“ präsentieren: ein gemeinsamer Austausch und eine Verdichtung künstlerischer Zugänge zum Thema „Leben und Tod“.
La Catrina wird in Mexiko als weibliche Personifizierung des Todes dargestellt: Meist ist es die Darstellung eines Skeletts oder im Detail nur ein Totenkopf, geschmückt und umrahmt von einem großen Blumenhut. La Catrina geht unter anderem auch auf einen Kupferstich aus dem Jahr 1913 – ‚Weiblicher Totenkopf mit pompösem Hut‘ – von José G. Posada zurück.
„Todschwarze Aufzeichnungen“
Günter Brus und Enrique Fuentes erstellten in vielen Nächten die Werkgruppe „Todschwarze Aufzeichnungen“.
Nächtlicher Schöpfungsakt
Die großformatigen Bildwerke wurden mit schwarzer Kreide, Tusche und Fineliner auf handgeschöpftem Papier gestaltet. „Die Arbeiten sind in der Nacht entstanden, Enrique Fuentes hat gezeichnet, und am nächsten Tag hat man sich über diese Zeichnungen unterhalten. In der darauffolgenden Nacht hat Günter Brus dann seine Texte eingearbeitet“, erzählt Kurator Johann Baumgartner. Es sind handschriftliche poetische Texte, die mit Metaphern bereichert sind.
Sein und Nichtsein
Nichts ist so nahe und intensiv verbunden wie die Grenzüberschreitung vom Leben zum Tod – und unterschiedliche Kulturen nähern sich dieser durchaus philosophischen Frage auch verschieden an, so Baumgartner: „In Mexiko ist der Tod ein selbstverständlicher Teil des Lebens, das heißt, man feiert den Tod, und somit ist der Tod auch das Ziel des Lebens“. ‚Dia de los Muertos‘ (Der Tag der Toten) ist ein 2.000 Jahre altes, lebensbejahendes Fest für die Verstorbenen in Mexiko und wird am 2. November gefeiert.
Begegnung mit Francisco de Goya
Eine intensive Auseinandersetzung der beiden Künstler Brus und Fuentes erfolgte auch mit dem spanischen Maler und Grafiker des ausgehenden 18. und frühen 19. Jahrhunderts, Francisco de Goya: Seine Bildzyklen „Disparates“ (Torheiten), „Caprichos“ (Einfälle) und „Desastres de la Guerra“ (Die Schrecken des Krieges) sind Ausgangspunkt dieser intensiven künstlerischen Gemeinschaftsarbeit in Wort und Bild, sie führten letztendlich zu den nächtlichen „Todschwarzen Aufzeichnungen“. Zu sehen sind diese dialogischen Bildwerke derzeit in der Hofgalerie im Steiermarkhof in Graz.