Landtag Steiermark
ORF.at/Roland Winkler
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Wahl 19

Sechs Mal Schwarz, einmal Rot

60 Jahre lang haben Landeshauptleute der ÖVP die Steiermark regiert, dann kam Franz Voves (SPÖ). Dieser „schenkte“ dann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) den Landeshauptmannsessel, der nun endgültig für die Volkspartei zurückerobert werden soll.

Seit 1236 – im Zuge eines 1186 geschlossenen Erbvertrages („Georgenberger Handfeste“) wurden die Herzöge von Österreich (damals die Babenberger) auch Herzöge der Steiermark – haben insgesamt 95 Landeshauptleute bzw. Landesstatthalter und eine Landeshauptfrau die politischen Geschicke der Steiermark gelenkt.

Sendungshinweis:

„Radio Steiermark-Spezial“, 18.11.2019

In früherer Zeit war der Landeshauptmann Stellvertreter des Landesfürsten, dann oberster Repräsentant der Stände neben einem vom Kaiser ernannten Statthalter. In seiner heutigen Funktion wurde der Vorsitz in der Landesregierung mit dem Bundesverfassungsgesetz 1920 eingeführt. Der Landeshauptmann wird – wie die anderen Regierungsmitglieder – bei der Konstituierenden Sitzung des neuen Landtages gewählt, die heuer knapp vor den Weihnachtsferien angesetzt ist.

Seit 1945 hatte die Steiermark sieben gewählte Landeshauptleute:

Reinhard Machold (SPÖ): 20.5.1945 – 28.12.1945 (prov.)

Reinhard Machold (1879-1961) zählt zu den großen Persönlichkeiten der österreichischen Sozialdemokratie. Der geborene Schlesier übernahm 1925 den Vorsitz der steirischen Sozialisten. Nach Kriegsende wurde er am 15. Mai 1945 von der sowjetischen Besatzungsmacht eingesetzt, später von den Briten bestätigt. Er stand bis Dezember 1945 an der Spitze der provisorischen Landesregierung, war aber nicht in einer Wahl angetreten.

Anton Pirchegger (ÖVP): 28.12.1945 – 6.7.1948

Anton Pirchegger (1885-1949) war der erste steirische Landeshauptmann der Zweiten Republik, der von einem gewählten Landtag bestellt wurde. Der Bauernbündler war schon in der Ersten Republik Nationalratsabgeordneter der Christlich-Sozialen und von 1934 bis 1939 Landtagspräsident. 1945 war er Mitbegründer der ÖVP und gewann mit ihr am 25. November 1945 die Wahlen. Machold wurde sein Stellvertreter – eine Position, die die Sozialdemokraten dann bis 2005 und ab 2015 wieder innehatten. 1947/48 zog sich Pirchegger krankheitsbedingt zurück und schlug Josef Krainer sen. als Nachfolger vor.

Josef Krainer sen. (ÖVP): 6.7.1948 – 28.11.1971

Josef Krainer sen. (1903-1971) stammte aus ärmlichen Verhältnissen in der Obersteiermark, arbeitete etwa als Holzknecht. Sein politischer Aufstieg begann 1934 mit dem Einzug in den Landtag. Am 6. Juli 1948 wurde er zum Landeshauptmann gewählt.

Die Landeshauptleute der Steiermark
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Fünfmal im Amt bestätigt, gestaltete der „lärchene Stipfl“ die Wiederaufbauzeit nach dem Krieg und prägte in seinen späteren Amtsjahren ein weltoffenes und modernes Bild der steirischen Volkspartei. In die Zeit des „alten Krainer“ fiel unter anderem die groß angelegte Gemeindefusion von 1967 bis 1969, die die Steiermark von 884 auf 561 Gemeinden brachte. Als er im November 1971 auf der Jagd in der Südsteiermark einem Herzversagen erlag, fand seine Familie bei ihm einen Zettel, auf dem er Friedrich Niederl als Nachfolger empfahl.

Friedrich Niederl (ÖVP): 10.12.1971 – 4.7.1980

Friedrich Niederl (1920-2012) stammte aus Lassing, begann wie Krainer als Landarbeiter und absolvierte im zweiten Bildungsweg ein Jus-Studium, das ihn in die Landesverwaltung brachte. 1960 wurde er Bezirkshauptmann in Feldbach, 1965 holte ihn Krainer sen. als Landwirtschafts- und Wohnbaureferent in sein Kabinett. Als dessen Nachfolger führte er die ÖVP im Oktober 1974 auf ihren bisherigen Spitzenwert: 53,2 Prozent. 1980 zog er sich zurück und gab die Stafette an den „jungen Krainer“ weiter.

Josef Krainer jun. (ÖVP): 4.7.1980 – 23.1.1996

Josef Krainer jun. (1930-2016) gilt als der Letzte aus der Reihe der „Landesfürsten“. Der promovierte Jurist war Weggefährte Friedrich Niederls, der ihn 1971 in seine Regierung holte. 1980 wurde „Joschi“ Krainer selbst Landeschef. Er verfolgte den Weg der „gesamten steirischen Breite“ und mitunter einer kantigen Politik gegenüber Wien. 1995 zog er sich nach einer Wahlniederlage zurück und hielt sich bis zu seinem Tod weitestgehend an ein selbst auferlegtes Kommentierungsverbot in politischen Angelegenheiten.

Waltraud Klasnic und Josef Krainer jun.
APA
Waltraud Klasnic und Josef Krainer jun.

Waltraud Klasnic (ÖVP): 23.1.1996 – 25.10.2005

Waltraud Klasnic (geb. 1945) übernahm 1996 eine Volkspartei, die nur noch knapp vor der SPÖ lag. Sie hatte seit 1988 dem Kabinett Krainer jun. als Wirtschaftslandesrätin angehört und schaffte es durch Fleiß und Engagement, die Rolle einer „Landesmutter“ auszufüllen: 2000 erzielte sie mit einem Plus von elf Prozentpunkten (auf 47 Prozent) den Zuwachsrekord im Lande. Innerparteiliche Streitereien und Skandale wie EStAG und Herberstein kosteten sie die Mehrheit bei der Wahl 2005. Klasnic engagiert sich seither in zahlreichen sozialen Organisationen und wurde im Zuge des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche Opferschutzbeauftragte.

Franz Voves (SPÖ): 25.10.2005 – 16.6.2015

Franz Voves (geb. 1953), der Betriebswirt und frühere Eishockey-Nationalspieler, wechselte 2002 von der Spitze der Merkur-Versicherung an die Spitze der SPÖ. Drei Jahre später schaffte der Quereinsteiger den Machtwechsel und wurde Landeshauptmann.

Franz Voves auf dem Landeshauptmannsessel
APA/MARKUS LEODOLTER
Franz Voves

Nach einem ambitionierten Start mit der ÖVP als Juniorpartner hielt das Arbeitsprogramm aber nicht lange: Die Schwarzen konzentrierten sich in ihrer neuen Rolle als Opposition in der Regierung auf Angriffe gegen Voves – dieser stand auch u.a. mit der Forderung zur Stiftungsbesteuerung plötzlich in der Kritik.

Nach der Landtagswahl von 2010 – SPÖ und ÖVP hatten Verluste erlitten, doch die SPÖ blieb knapp vorne – verständigten sich Voves und sein ÖVP-Gegenüber Hermann Schützenhöfer auf die von ihnen so genannte „Reformpartnerschaft“: Aus erbitterten politischen Gegnern wurden anfangs skeptisch beäugte, dann verlässliche Partner. Sie zogen Bezirks- und Gemeindefusionen durch, legten Landesämter zusammen – mit bisher umstrittenem Einsparungserfolg – und bremsten weitgehend die davongaloppierende Neuverschuldung ein.

Franz Voves und Hermann Schützenhöfer
APA/Erwin Scheriau
Franz Voves und Hermann Schützenhöfer

Freund und Feind überraschten sie mit der vom Herbst auf den 31. Mai vorverlegten Landtagswahl. Für Voves brachte sie den Rücktritt – er hatte sich selbst 30 Prozent als Latte gelegt und 29,29 Prozent erreicht. Für Außenstehende überraschend und viele in seiner Partei unverständlich übergab er – obwohl immer noch stärkste Partei – den Landeshautmannsessel an Schützenhöfer.

Hermann Schützenhöfer (ÖVP): Seit 16.6.2015

Hermann Schützenhöfer gilt als Konsenspolitiker im Sinne der Sozialpartnerschaft und als ausgewiesener Großkoalitionär. Besondere Verdienste erwarb er sich im zeitgemäßen Umbau des Pensions- und Gehaltssystems für Landesbedienstete. Nach der Klasnic-Niederlage übernahm er eine teils zerstrittene ÖVP und wurde Landeshauptmann-Stellvertreter in der Regierung Voves I – die Periode von 2005 bis 2010 war von zunehmender Gehässigkeit geprägt, aber Voves selbst lobte Schützenhöfers „Handschlagqualität“, bevor es zum großen Krach über das Budget kam.

Erst der Druck einer erstarkenden FPÖ ließen Voves und Schützenhöfer 2010 die „Reformpartnerschaft“ ins Leben rufen. Diese arbeitete überraschend vertrauensvoll, nach allem, was man in den vorhergegangenen Jahren erlebt hatte. Nach der für beide Parteien mit großen Verlusten ausgegangenen Landtagswahl 2015 fand sich Schützenhöfer – von seinem Freund Voves dazu gemacht – auf dem Landeshauptmannsessel.

Michael Schickhofer (SPÖ) und Hermann Schützenhöfer (ÖVP)
APA/ERWIN SCHERIAU
Michael Schickhofer und Hermann Schützenhöfer

Die angepeilte Rückeroberung des Landeshauptmann-Postens war damit früher geglückt als gedacht. Seither profilierte sich Schützenhöfer als Landesvater alter Prägung, leutselig bis „Landes“-tragend – und entfremdete sich von Voves-Nachfolger Michael Schickhofer zunehmend, was aber weder ÖVP noch Schützenhöfer geschadet haben dürfte. In die Titelverteidigung geht Schützenhöfer aus günstiger Position.