Ein Türelement mit einem Wappen im steirischen Landhaus in Graz am Dienstag, 21. Juni 2005.
APA/GINDL
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Politik

Schwarzes Kernland mit rotem „Geschenk“

Was beim aktuellen Wahlkampf ein wenig untergeht: Eigentlich geht die SPÖ von Platz eins aus ins Rennen – und diesen ersten Platz wollen die Sozialdemokraten auch verteidigen. Klarer Favorit ist aber die ÖVP.

Schon 1953 war die SPÖ um 0,4 Prozentpunkte stärker als die ÖVP, die aber dennoch um ein Mandat mehr hatte und sich so den Landeshauptmannsessel sichern konnte – dieser Sessel blieb dann auch 60 Jahre fest in schwarzer Hand. Erst Franz Voves konnte ihn 2005 für die Sozialdemokraten erobern und 2010 auch verteidigen – mehr dazu in Sechs Mal Schwarz, einmal Rot.

Jahrzehntelange „Familienpolitik“

Davor war die Steiermark schwarzes Kernland und zudem sowohl bei der ÖVP, als auch bei der SPÖ über lange Zeit hinweg von Vater und Sohn und dem Proporz geprägt: Josef Krainer sen. und jun. waren jahrzehntelang Landeshauptleute, Vater und Sohn Schachner-Blazizek, Alfred und Peter, stellten ihre Stellvertreter. In der Regierung Krainer jun. II vom Oktober 1986 bis Oktober 1991 war erstmals Waltraud Klasnic (ÖVP) als Landesrätin tätig.

Waltraud Klasnic und Josef Krainer jun.
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Waltraud Klasnic und Josef Krainer jun.

Die erste Landeshauptfrau Österreichs

Klasnic folgte dem 1995 zurückgetretenen Josef Krainer jun. – der bei der Wahl die absolute Mehrheit verloren hatte – als Landeschefin: Sie wurde die erste Landeshauptfrau Österreichs. Als solche errang sie bemerkenswerte Wahlsiege, bis – auch durch parteiinternen Streit – der Stern der steirischen Volkspartei sank: Bei der Wahl am 2. Oktober 2005 verlor die ÖVP erstmals seit 1945 die Mehrheit, die FPÖ flog im Zuge der schweren Krise der Partei sogar aus dem Landtag und aus der nach dem Proporz besetzten Regierung. Wahlsieger Franz Voves wurde am 12. März im schwarzen Kernland Steiermark als erster Sozialdemokrat gewählter Landeshauptmann.

Franz Voves auf dem Landeshauptmannsessel
APA/MARKUS LEODOLTER
Franz Voves nimmt am Landeshauptmannsessel im Landtag Platz

Die Regierung Voves II (2010-2015) war durch eine radikale Abkehr von den massiven und gehässigen Streitereien zwischen SPÖ und ÖVP in der Legislaturperiode 2005 bis 2010 (Proporz-Regierung Voves I) geprägt: Nach massiven Verlusten hatten sich Voves und Klasnics Nachfolger als ÖVP-Chef, Hermann Schützenhöfer, ausgesprochen und eine Zusammenarbeit als „Reformpartnerschaft“ vereinbart, mit einem umfangreichen Programm mit Einsparungen im Budget, Bezirks-, Gemeinde- und Landesämterzusammenlegungen. Die Ende November 2011 beschlossene Abschaffung des Proporzes und die Verkleinerung von Regierung und Landtag ab 2015 (von neun auf sechs bis acht Mitglieder bzw. von 56 auf 48 Mandatare) ermöglichte erstmals echte Koalitionen.

Herbe Verluste für „Reformpartner“

Die Landtagswahl am 31. Mai 2015 brachte aber herbe Verluste für die beiden „Reformpartner“.

Grafik zeigt Ergebnis der Landtagswahl 2015
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Voves gewann zwar die Wahl mit gerade einmal 0,84 Prozentpunkten Vorsprung auf die ÖVP, weil er aber an der sich selbst im Vorfeld auferlegten Hürde von 30 Prozent scheiterte, legte er sein Amt nieder und übergab den Regierungschefsessel nicht an seinen Nachfolger als SPÖ-Chef, Michael Schickhofer, sondern an seinen damaligen Freund Hermann Schützenhöfer (ÖVP).

Franz Voves und Hermann Schützenhöfer
APA/Erwin Scheriau
Franz Voves und Hermann Schützenhöfer

Hätte es übrigens noch den vor der Wahl 2015 abgeschafften Proporz gegeben, wäre die FPÖ fast gleich stark mit SPÖ und ÖVP in der achtköpfigen Landesregierung vertreten gewesen – so aber entschlossen sich die vormaligen „Reformpartner“ recht rasch zur Fortsetzung ihrer Zusammenarbeit als „Zukunftspartner“ – die gleich zu Beginn ihrer Arbeit mit dem Schock durch die Flüchtlingskrise im Herbst 2015 konfrontiert waren.

Sendungshinweis:

„Radio Steiermark-Journal“, 21.11.2019

Schatten über der „Zukunftspartnerschaft“

Wie in der Periode 2010 bis 2015 mit den von SPÖ und ÖVP durchgezogenen Gemeindefusionen hatte auch die ÖVP-SPÖ-Regierung ab 2015 ein Kernprojekt in Form der Gesundheitsreform mit unter anderem der heftig umstrittenen Umwandlung von manchen Spitälern in Gesundheitszentren. Für diese Pläne gab es im April 2019 im obersteirischen Bezirk Liezen einen Dämpfer: Eine von FPÖ, Grünen und KPÖ initiierte Volksbefragung ergab 67,3 Prozent Ablehnung für das bei Stainach geplante neue Leitspital. Dabei wurden auch schon zuvor spürbare Verwerfungen zwischen Schützenhöfer und Schickhofer virulent.

Michael Schickhofer und Hermann Schützenhöfer
APA/ERWIN SCHERIAU
Hermann Schützenhöfer und Michael Schickhofer

Im Bereich Landesbudget gelang es der „Zukunftspartnerschaft“ ab 2015 nicht, die Nettoneuverschuldung dauerhaft auf das langjährige Ziel Null zu drücken. Im Spätsommer 2019 kam dann der endgültige Bruch der Koalition – erst liebäugelten die Freiheitlichen mit einer Neuwahl, den Ball nahm die in Umfragen günstig liegende ÖVP gerne auf. ÖVP, FPÖ und Grüne beschlossen am 5. September bei einer Landtags-Sondersitzung gegen den erklärten Willen von Schickhofer eine Vorverlegung der für Mai 2020 geplanten Landtagswahl auf 24. November 2019 – mehr dazu in Die Steiermark wählt im November (31.8.2019)