Anton Lang und Hermann Schützenhöfer
APA/ERWIN SCHERIAU
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Politik

„Koalition weiß-grün“: ÖVP-SPÖ-Regierung steht

Drei Wochen lang ist verhandelt worden – nun steht die neue ÖVP-SPÖ-Koalition in der Steiermark. Sie wird von Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) angeführt, Stellvertreter wird Anton Lang (SPÖ). Neu ist Ex-Ministerin Juliane Bogner-Strauß.

Während der Regierungsverhandlungen – mehr dazu in ÖVP und SPÖ starten in erste Runde (2.12.2019) – drang nichts nach außen – „Message Control“ ganz nach dem Vorbild der Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und Grünen im Bund. Nun allerdings ist alles unter Dach und Fach.

Bogner-Strauß wird neue Landesrätin

Der neuen Landesregierung – sie wird nach „Reformpartnerschaft“ und „Zukunftspartnerschaft“ mit „Koalition weiß-grün“ tituliert – gehören fünf Mitglieder der ÖVP und drei der SPÖ an – nach dem Wahlsieg und dem deutlichen Abstand zur SPÖ bekommt die Volkspartei also einen Sitz in der Landesregierung dazu.

Die neue Landesregierung
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Die neue Landesregierung

Aufseiten der ÖVP setzt Landeshauptmann Schützenhöfer – er übernimmt nun auch die Sicherheit – mit Christopher Drexler, Barbara Eibinger-Miedl und Johann Seitinger wieder auf dasselbe Team, neu hinzu kommt Ex-Ministerin Juliane Bogner-Strauß. Bogner-Strauß übernimmt von Drexler das Gesundheitswesen und von der SPÖ die Bildung. Trotz ihres beruflichen Wechsels bleibt die Steirerin Chefin der ÖVP-Frauen – daran bestehe „kein Zweifel“, hießt es am Montag von einer Mitarbeiterin. Christopher Drexler ist künftig für Kultur und Volkskultur, Personal, Europa und Sport zuständig. Eibinger-Miedl bleibt Wirtschaftslandesrätin, Seitinger ist weiter Landesrat für Land- und Forstwirtschaft.

Auch die SPÖ setzt bei ihrem Team auf Kontinuität: Neben Lang – er bleibt Finanz- und Verkehrslandesrat und ist künftig auch Landeshauptmann-Stellvertreter – bleiben auch Ursula Lackner – künftig für Umwelt und Klimaschutz verantwortlich – und Soziallandesrätin Doris Kampus weiter in der Regierung. Das Regionalressort wird zwischen ÖVP und SPÖ geteilt.

Steirische Regierung steht

ÖVP und SPÖ haben sich 22 Tage nach der Landtagswahl auf eine Koalition geeinigt.

„Wir sind uns der Verantwortung bewusst“

Schützenhöfer mahnte bei der Regierungspräsentation Montagmittag in der Grazer Burg die Bereitschaft zum Dialog ein: Man müsse Brücken über die Spalten bauen, sagte er. „Wir haben intensive Gespräche und Verhandlungen geführt. Es war kein besinnlicher, sondern ein arbeitsreicher Advent, aber die stillste Zeit ist ohnehin immer die schrillste Zeit. Wir haben alles erledigt, was wir uns vorgenommen haben, was in diesem Jahr noch passieren soll. Die ‚Agenda Weiß-Grün‘ kann sich sehen und lesen lassen.“

Die Steiermark habe seit einem Jahrzehnt einen österreichweit einzigartigen Politikstil – zwei Parteien, ein Prinzip –, so Schützenhöfer, der die künftigen Schwerpunkte der „Agenda Weiß-Grün“ nannte: „Es wird eine arbeitsreiche Legislaturperiode, die vor uns liegt, aber ich bin stolz, dass dieses Papier von Umfang und Inhalt überzeugt. Wir sind uns der Verantwortung bewusst, das manifestiert sich etwa in der Budgetpolitik – die Sanierung des Haushaltes ist ein zentraler Punkt. Einen Fokus legen wir selbstverständlich auf das Thema Arbeit sichern. Und damit die Steiermark im internationalen Wettbewerb bestehen kann, werden wir einen besonderen Schwerpunkt auf die Themen Bildung, Ausbildung, Wissenschaft und Forschung legen.“ Und auch Klimaschutz sei ein Schwerpunkt.

Anton Lang und Hermann Schützenhöfer
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Anton Lang und Hermann Schützenhöfer

Die Stabilität sei „notwendiger denn je, wenn wir uns in der Welt umschauen: Die Konjunktur verflacht, der Brexit steht bevor, der Arbeitsmarkt reagiert sensibel, Unsicherheiten großer Länder, die durch die, die sie anführen, unberechenbar geworden sind.“ Daher sei Klarheit in der Steiermark wichtig. Man habe schnell eine Regierung gebildet und hoffe, dass das auch im Bund demnächst der Fall sein werde, so Schützenhöfer weiter.

Lang ist stolz auf die „Agenda Weiß-Grün“

Lang, der für die SPÖ mit den Regierungsverhandlungen betraut war, unterstrich: „Es waren sehr intensive Tage und Wochen, es hat sich ausgezahlt, und wenn der Landeshauptmann sagt, es war auf Augenhöhe, kann ich das nur bestätigen als quasi der Partner, der in die Verhandlungen gegangen ist, der zur Kenntnis nehmen musste, dass am Wahlsonntag das Ergebnis nicht so war, wie wir es uns vorgestellt haben. Nichtsdestotrotz, und das ist für mich ganz wichtig, bin ich davon überzeugt, dass diese ‚Agenda Weiß-Grün‘ etwas ganz Besonderes ist – es ist ein Arbeitspapier für die nächsten fünf Jahre, das nichts ausgespart hat und in allen Bereichen sehr ins Detail geht. Der Auftrag ist nun, das abzuarbeiten, denn wir werden in fünf Jahren daran gemessen.“

Die Koalitionsgespräche seien laut Lang „alles in allem eine anstrengende Zeit gewesen, aber man wächst zusammen, wenn man zehn, zwölf oder 14 Stunden beisammensitzt“. Da sehe man erst, „wie wichtig es ist, wenn man sich versteht“. Der ehemalige und nun wieder Finanzlandesrat nannte auch die Finanzen als Schwerpunkt der neuen Koalition: „Sie sind für die Steiermark die Grundlage für alle anderen Aufgaben.“ Das Motto sei: „Vernünftig haushalten, gezielt investieren.“ Es werde eine große Aufgabe: „Wir werden uns sehr anstrengen müssen, etwa um den Stabilitätspakt einzuhalten.“ Lang sei stolz auf die Agenda: „Ich freue mich auf das gemeinsame Gestalten in der Steiermark.“

Analyse

Wolfgang Schaller, Chefredakteur des ORF Steiermark, analysiert die neue Landesregierung.

Opposition findet wenig Lobenswertes

Mit „Postenschacher und Proporz statt Klimaschutz“ fasste kurz nach der Präsentation der Regierung die Grüne Sandra Krautwaschl die Situation zusammen. Es sei schade, dass Schützenhöfer kein zukunftsfähiges Regierungsbündis abseits von Schwarz-Rot schmieden wollte. Er wolle stattdessen mit der SPÖ weitermachen „wie bisher“.

Der steirische FPÖ-Chef und Klubobmann Mario Kunasek sprach von der ideologischen und programmatischen Selbstaufgabe der SPÖ – zum Preis der vermeintlichen Machterhalts. Inhaltlich gäbe es laut Kunasek „mehrere gefährliche Drohungen“ – etwa, dass in den Bereichen Migration und Leitspital der bisherige Weg beibehalten wird.

Auch KPÖ-Klubchefin Claudia Klimt-Weithaler kritisierte die Linie beim Thema Leitspital. Die bekannten Stehsätze und Überschriften seien auch in der neuen Regierung wiederzufinden. Die bedeutendste Neuerung sei der Titel „Agenda Weiß-Grün“. Außerdem sei für Klimt-Weithaler Schwarz-Rot schon vor der vorgezogenen Landtagswahl „beschlossene Sache“ gewesen.

Niko Swatek von NEOS sprach am Montag von „weiteren fünf Jahren Stillstand“, denn mit der neuen Regierung gäbe es keinen Neustart bei Bildung oder Schuldenpolitik. Dass nun Landeshauptmann Schützenhöfer Lang anstatt Michael Schickhofer gegenübersitzt, scheint für den Landeshauptmann Bewegung genug für die nächsten fünf Jahre zu sein.

Landtag konstituiert sich am Dienstag

Bereits am Dienstag gibt es die erste Sitzung des neu gewählten Landtags. Fixe Tagesordnungspunkte sind hier die Wahl der drei Landtagspräsidenten – Manuela Khom (ÖVP) und Gabriele Kolar (SPÖ) tauschen, somit wird Khom von der Zweiten Landtagspräsidentin zur Ersten; Dritter Landtagspräsident wird Gerald Deutschmann (FPÖ) – und der neun steirischen Bundesräte sowie auch die Wahl der neuen Landesregierung. Die erste Sitzung des neuen Landtags überträgt der ORF in einem Lokalausstieg am Dienstag live – ab 9.55 in ORF 2 und hier im Livestream.