Cover von „Wegwerfen ist eine Sünde“
Böhlau-Verlag
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Produkte aus längst vergangener Zeit

Auf eine fast 100-jährige Reise durch die österreichische Konsumgeschichte lädt Autorin Helene Belndorfer in „Wegwerfen ist eine Sünde“. Dabei können Leser immer wieder in Erinnerungen schwelgen. Nostalgie pur!

Imperial Feigenkaffee und Bensdorp Schokolade, Frauenlob Waschextrakt und die Elida-Blumen-Seife, sowie Memphis als angeblich einstige Lieblingszigarette der Österreicher und die ersten Matchbox-Autos – all das findet sich in „Wegwerfen ist eine Sünde“ wieder.

Alles in Schmalz herausgebacken

Die Historikerin und Wirtschaftswissenschaftlerin Helene Belndorfer hat in vielen Gesprächen mit Zeitzeugen Erinnerungen gesammelt, die als Buch eine durchaus repräsentative Konsumgeschichte Österreichs ergeben – von der Zwischenkriegszeit bis herauf in die Wirtschaftswunderjahre.

Cover von „Wegwerfen ist eine Sünde“
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Vor allem die Zeit nach dem ersten Weltkrieg war aber noch bestimmt vom Mangel und dem Improvisationsgeschick vor allem der Frauen: „Sie verwalteten den Mangel gewissenhaft, übten sich vorrangig in Verzicht, hielten Familien mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser und zauberten die besten Mehlspeisen. Schmalz, von den Frauen selbst aus billigem Bauchfilz ausgelassen, war in Land und Stadt unten ein Überlebensmittel, wurde aber auch oben reichlich verwendet. Mehlspeisen und Fleisch seien in Unmengen Schweineschmalz ausgebacken worden.“

Kartenspielen und „Mensch ärgere dich nicht“

„Gespart wurde auch bei der Energie: Auch wenn der Strom in Haus oder Wohnung bereits eingeleitet war, wurden nur wenige und schwache Glühbirnen verwendet, der Schein der Straßenlaternen genutzt oder die Petroleumlampe aktiviert. An elektrische Geräte in der Zwischenkriegszeit erinnern sich die Erzählerinnen kaum", schreibt Belndorfer.

Sendungshinweis:

„Guten Morgen Steiermark“, 26.1.2020

Im Buch erfährt man zum Beispiel auch, warum die Schichtseife Schichtseife heißt und woher die heute wieder so beliebten Rex-Gläser zum Einkochen von Obst und Gemüse ihren Namen haben. Sicher interessant für junge Leser sind die Kapitel, in denen über das Spielzeug der damaligen Kinder berichtet wird: „Als Spielzeug hatten wir nicht allzu viel. Da weiß ich nur, dass wir ein ‚Mensch ärgere dich nicht‘-Spiel hatten. Da hat Mutter oder auch Vater zwischendurch mitgespielt, und ein Mühlespiel hatten wir auch. Vater hat uns das Kartenspielen gelernt, also das Schnapsen. Aber wenn es halbwegs schön war, sind wir immer draußen gewesen.“

Zahlreiche Werbebilder

„Wegwerfen ist eine Sünde“ erzählt auch von den ersten Italienurlauben und TV-Geräten, von den ersten Versandhauskatalogen des deutschsprachigen Raums, die aus Graz kamen und vom heute kaum mehr vorstellbaren Anschreiben-Lassen beim Greißler. Dazu hat die Autorin viele Werbesujets und Reklametafeln von anno dazumal zusammengetragen, die den Nostalgieeffekt des Buches noch einmal verstärken.