Tracht und Schatten
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Wahl 20

Rebellen von 2015 und ihre Erkenntnisse

Bei den Gemeinderatswahlen 2015 war die Gemeindestrukturreform das große Thema – und es gab zahlreiche „Fusionsrebellen“, die mit eigenen Listen zum Teil durchaus beachtliche Wahlerfolge gefeiert haben. Mittlerweile haben sie Einsichten gewonnen.

Mit der Gemeindestrukturreform wurde die Zahl der steirischen Gemeinden von mehr als 540 auf 285 reduziert. Nicht alle waren davon begeistert – allen voran die „Fusionsrebellen“. Doch wie sieht es heute aus, und was wurde aus diesen Rebellen?

August Friedheim, Nestelbach: Schlechte Erfahrungen

August Friedheim ist wieder im Wahlkampf: Der frühere ÖVP-Bürgermeister von Nestelbach bei Ilz im Bezirk Hartberg-Fürstenfeld war 2015 einer der schärfsten Fusionsgegner – mit seiner eigenen Liste „Team Friedheim“ wurde er bei der Wahl nur 50 Stimmen hinter der ÖVP Zweiter und in der Folge Vizebürgermeister der neuen Großgemeinde Ilz. Die Fusion sieht Friedheim heute noch kritisch: „Viele Dinge, die versprochen wurden, sind nicht eingetroffen: Die Bevölkerungsentwicklung war nicht so, die Einsparungen waren nicht so“, so Friedheim.

August Friedheim
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August Friedheim

Schlechte Erfahrungen habe er auch in Punkto Zusammenarbeit gemacht, so Friedheim: Sein Team sei von den anderen Parteien im Gemeinderat systematisch ausgegrenzt worden. „Das beginnt bei Einladungen, bei Projekten, wo man nicht eingebunden wird“, so Friedheim. Sein Ziel am Sonntag sei jedenfalls Platz eins und der Bürgermeister-Sessel.

Sendungshinweis:

„Steiermark heute“, 24.6.2020

Siegfried Keinprecht, Schladming: Rückkehr

In Schladming ist mit dem zur ÖVP zurückgekehrten Siegfried Keinprecht ein ehemaliger Fusionsrebell Stadtchef. 2015 war der langjährige Bürgermeister der Kleingemeinde Pichl mit einer eigenen Liste angetreten und hatte 35 Prozent der Stimmen geholt. „Ich wäre ein schlechter Bürgermeister gewesen, wenn ich damals gesagt hätte, wir gehen sofort nach Schladming. Also ich habe den Willen der Bevölkerung vertreten und mich dagegen gestellt“, so Keinprecht.

Siegfried Keinprecht
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Siegfried Keinprecht

Doch schon ein Jahr nach der Wahl begann Keinprechts Weg zurück Richtung ÖVP. 2019 überwarf er sich mit der Liste und wurde nach Rücktritten zweier Vorgänger sogar ÖVP-Übergangs-Bürgermeister – mit guten Aussichten auf Bestätigung am Sonntag. Sein Wechsel zurück habe auch mit den begrenzten Möglichkeiten einer Liste zu tun, sagt Keinprecht: „Ohne Unterstützung des Landes, der Abteilungen und vor allem des Landeshauptmannes tut man sich schon schwer, etwas zu erreichen.“

Florian Taucher, Eggersdorf bei Graz: Kein Antreten

Viel erreicht hatte 2015 auch Florian Taucher: Der Ex-ÖVP-Bürgermeister von Höf-Präbach trat als Fusionsgegner mit seiner eigenen Liste in der neuen Großgemeinde Eggersdorf bei Graz an und wurde mit über 30 Prozent der Stimmen Vizebürgermeister.

Florian Taucher
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Florian Taucher

Doch im Gemeinderat sei man danach systematisch blockiert und von Informationen ausgeschlossen worden, sagt Taucher: „Eine Zeit lang haben wir es mitgemacht. Aber irgendwann haben wir gesagt, wir können auf Dauer unseren Kopf nicht mehr hinhalten bei gewissen Entscheidungen.“ Deshalb habe sich die Liste nach langem Überlegen entschieden, diesmal nicht anzutreten, so Taucher; ob man es in fünf Jahren noch einmal probieren will, werde man sehen.

Thema Finanzsorgen

Eines ist den Rebellen von damals gemeinsam: Das Fusionsthema spielt bei den Gemeinderatswahlen 2020 keine Rolle. Worum es diesmal geht, ist die Frage, wie die Gemeinden die finanziellen Einbußen aufgrund der CoV-Krise überwinden können.