Die bestimmende Farbe in den frühen Werken des Hermann Nitsch ist das Rot – wie Blut. Doch die konkrete Farbgebung stand dabei nie im Mittelpunkt. Es ging ihm darum, „nicht den Farbklang auf die Leinwand zu bringen, sondern die Farbsubstanz, die Materie der Farbe, den Farbschleim,“ so der 81-jährige Künstler im Gespräch mit ORF Steiermark.
In den letzten Jahren jedoch wurde der Farbklang für Nitsch immer wichtiger: „Die Malerei ist die gleiche geblieben, aber es interessiert mich viel mehr das Chroma, das Leuchten und Strahlen und die Harmonik der Farbwelt.“
Sendungshinweis:
„Steiermark heute“; 13.7.2020
Auferstehung als Erleuchtung
Siebdrucke mit Sand, große Acrylgemälde oder Ölbilder. Die vorherrschende, blumenfarbige Leuchtkraft ist Ausdruck der Beschäftigung mit der Auferstehung: „Auferstehung, so wie ich sie verstehe, hat etwas mit Erleuchtung zu tun. Dass man erkennt, dass man im Sein ist, dass man das Sein ist und dass man da erwacht.“ Und wie stellt sich Hermann Nitsch dieses Erwachen vor? „Ich glaube, dass wir alle immer wieder kehren und dass wir schon unendliche Male da gewesen sind und unendliche Male da sein werden.“
Intensität statt Provokation
Zum Erwachen gebracht hat der Aktionist die Kunstlandschaft Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre. Mit seinem Orgien-Mysterien-Theater, Blut- und Schüttbildern hat er tiefe Fußspuren im Geschichtsbuch der Kulturnation Österreich hinterlassen. Provozieren wollte er aber nicht: „Ich wollte nie provozieren. Ich wollte nur intensive Kunst machen.“
Intensive Kunst ist für den 81-jährigen nach wie vor ein Lebensmittel. „Eine Lebensnotwendigkeit. Kunst ist nichts anderen als Leben extrem verdichtet und zu seiner äußersten Intensität gebracht.“ Zu sehen ist die aktuelle Ausstellung von Hermann Nitsch bis Anfang September in der Galerie Zimmermann-Kratochwill in Graz.