Buchcover „Ich bleibe hier“
Diogenes-Verlag
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„Ich bleibe hier“: Ein Turm mit Geschichte

Viele von uns kennen wohl das Bild vom Kirchturm, der gleich hinter dem Reschenpass in Südtirol aus einem Stausee ragt. Die Geschichte, wie es dazu gekommen ist, hat Marco Balzano jetzt in den Roman „Ich bleibe hier“ verpackt.

Sendungshinweis: „Guten Morgen Steiermark“; 26.7.2020

Im kleinen Bergdorf Graun im Vinschgau lebt Trina. Nach der Schule möchte die junge Frau, wie auch ihre beiden Freundinnen Barbara und Maja, Lehrerin werden. Doch genau zu jener Zeit, als sie ihre Ausbildung abschließen, kommen die Faschisten unter Benito Mussolini in Italien an die Macht und verbieten den Südtirolern Deutsch zu sprechen. Ab sofort muss Italienisch gesprochen und unterrichtet werden, eine Sprache, die die meisten Bewohner gar nicht können, weil Südtirol erst seit rund 20 Jahren zu Italien gehört.

Marco Balzano „Ich bleibe hier“
ORF

Schulen in den Katakomben

Chance auf eine Anstellung hat Trina also nicht, und so unterrichten die drei Frauen heimlich auf Deutsch in sogenannten Katakombenschulen. Die Südtiroler Orte werden in diesen Jahren immer leerer, weil viele der deutschsprechenden Bevölkerung wegen der Unterdrückung durch die Machthaber nach Österreich oder Deutschland auswandern, in der Hoffnung, dass es ihnen dort besser geht. Trina, inzwischen verheiratet und Mutter zweier Kinder bleibt aber in Graun.

Widerstand gegen Kraftwerk

Das Leben meint es mit ihr und ihrer Familie aber weiterhin nicht allzu gut, werden doch wieder schon länger zurückliegende Kraftwerkspläne ausgegraben. Um den Strombedarf für die größer werdenden Städte Bozen und Meran decken zu können, sollen die Orte Graun und Reschen geflutet werden und ein riesiges Kraftwerk entstehen. Trina und ihr Mann Erich entscheiden sich aber zu bleiben und leisten erbitterten Widerstand. Wie uns die Realität zeigt, letztlich aber ohne Chance.

„Ich bleibe hier“ von Marco Balzano ist im Diogenes-Verlag erschienen und in Italien unter dem Titel „Resto qui“ ein Bestseller geworden und das völlig zu Recht. Über die Familiengeschichte von Trina wird gleichzeitig Zeitgeschichte erzählt und versucht, die Geschichte in Südtirol zwischen 1939 und 1943 aufzuarbeiten.

Der Kirchturm von Altgraun
dpa/dpaweb

Brutalität der Geschichte

In Graun im Vinschgau gibt es einen Steg, auf dem man sich mit dem Kirchturm im Hintergrund ablichten lassen oder ein Selfie machen kann. Die Schlange dafür ist immer ziemlich lang. Der Ort sei der Inbegriff dafür, wie brutal die Geschichte sein kann, beschreibt Marco Balzano in seinen persönlichen Anmerkungen das Motiv für dieses Buch. Und dass ihn dieses Thema intensiv beschäftigt hat, kann man auf 286 Seiten nachlesen.