Das Uhrmacher-Paar Kremsner bei der Arbeit
ORF
ORF
Leute

Ein Grazer Ehepaar im Auftrag der Zeit

Seit mehr als 70 Jahren tickt das Ehepaar Wilhelm und Maria Kremsner nun schon gleich: Von 9.00 bis 18.00 Uhr dreht sich täglich für den 89-jährigen Uhrmachermeister und seine Frau, die im August ihren 90. Geburtstag gefeiert hat, alles um die Uhr.

Anker, Unruhe, Feder – nur drei von insgesamt nahezu 200 Ersatzteilen, die eine mechanische Uhr so braucht. Sie sind filigran und nur mit Lupe wirklich erkennbar, doch Wilhelm Kremsner weiß genau, wo und wie sie platziert werden müssen – schlägt sein Herz doch schon sehr lange für das Uhrwerk: „Meine erste Uhr war eine Firmungsuhr. Ich durfte sie nicht jeden Tag tragen, sondern nur am Sonntag. Sie ist eine Zeit lang gelaufen und dann plötzlich stehengeblieben. Damals habe ich versucht, sie selbst reparieren, doch sie sollte nie mehr funktionieren“, schmunzelt der heutige Uhrmachermeister.

Das Uhrmacher-Paar Kremsner bei der Arbeit
ORF
Wilhelm Kremsner in seiner Grazer Arbeitsstube – anders als früher gelingt es ihm fast jede Uhr wieder zum Laufen zu bringen

Diese kleine Niederlage sollte jedoch das Interesse an der Feinmechanik nur steigern – und so entscheid sich Wilhelm Kremsner für das Uhrmacherhandwerk, noch bevor sein Herz für die Grazer Uhrmachermeister-Tochter von Friedrich Amberger schlagen sollte: „Ich bin schon als Kind hier im Geschäft herumgehüpft, habe in der Schulzeit den Handel erlernt, maturiert, dann die Uhrmacherei erlernt, die Gesellenprüfung gemacht. Nur zur Meisterprüfung bin ich nie gekommen – ich habe einen Meister geheiratet“, lacht Maria Kremsner.

„Wesentlich geändert hat es sich in den 60er Jahren“

Seit mehr als 70 Jahren tickt das Uhrmacher-Ehepaar nun schon gleich, von 9.00 bis 18.00 Uhr dreht sich täglich für den 89-jährigen Uhrmachermeister seine Frau, die im August ihren 90. Geburtstag gefeiert hat, alles um die Uhr.

Das Uhrmacher-Paar Kremsner bei der Arbeit
ORF
Seit mehr als 70 Jahren tickt das Ehepaar Wilhelm und Maria Kremsner nun schon gleich

Vieles habe sich im Laufe der Zeit an den Zeitmessern geändert, doch sei man stets am Puls der Zeit geblieben: „Wesentlich geändert hat es sich in den 60er-Jahren: Damals sind die ersten Küchenuhren mit Batteriewerken ausgestattet worden. Dann hat es sich gesteigert über die Stimmgabeluhr bis zur Quarzuhr. Letzten Endes hat man jetzt die tragbaren Funkuhren, die uns die Zeit vorgeben“, so Kremsner.

Sendungshinweis:

„Steiermark heute“, 17.10.2020

Die Uhr tickt weiter

Was jetzt schon bald viel Zeit kostet, ist die Umstellung unzähliger Uhren im Geschäft auf die Winterzeit. Eine innere Unruhe kommt beim Uhrmachermeister trotzdem nicht auf – außer „wenn eine Uhr nach einer Reparatur nicht sofort so funktioniert wie sie soll!“ Und wie geht das, dass man mit 90 Jahren noch täglich neun Stunden lang die Stellung im Geschäft hält, so wie Frau Kremsner? „Naja, was soll ich sagen? Mein Gehwerk ist schon schlecht geworden wie bei einer Uhr, aber mein Schlagwerk, das stimmt noch.“