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Niavarani & Nestroy – eine Liebesgeschichte

„Nestroy war meine erste große Liebe“, verrät Michael Niavarani in seinem neuen Buch. Dem Titel entsprechend liest/liebt er den Dichter und erzählt davon, welche Erlebnisse und Gedanken hinter seiner Verehrung stecken.

Michael Niavarani war wohl einer der ganz Wenigen weltweit, der im vergangenen Jahr ein Theater eröffnet hat: Mehr oder weniger aus der Not heraus, dass die Theater seit Ausbruch der Coronaviruspandemie beinahe durchgehend geschlossen sind, hat der Kabarettist und Schauspieler das „Theater im Park“ gegründet. Dort haben über den Sommer unter freiem Himmel zahlreiche Aufführungen stattgefunden – und wegen des großen Erfolgs wird hier weitergespielt.

„Nestroy war meine erste große Liebe“

Auf der Bühne des Freilufttheaters wurde Michael Niavarani auch der Nestroy-Publikumspreis übergeben. Auf dem Heimweg nach diesem denkwürdigen Abend erinnert sich Niavarani an seine Beziehung zu dem Dramatiker und Schauspieler. Das Ergebnis dieses langen Spaziergangs durch das nächtliche, CoV-bedingt menschenleere Wien gibt es jetzt als Buch mit beiliegender CD: „Michael Niavarini liest/liebt Nestroy“ – mit diesem Titel wäre die Beziehung auch schon einmal klar abgesteckt.

„Nestroy war meine erste große Liebe. Ja, wirklich. Ich war damals 13 Jahre alt. Der kleine Niavarani ist im Deutschunterricht gesessen und hat sich zu Tode gelangweilt und auf einmal kommt die Deutsch-Professorin, Frau Prof. Lazarus hat sie geheißen, und drückt der ganzen Klasse so kleine gelbe Reclam-Heftln in die Hand, die kennen Sie sicher. Und sie hat gesagt, wir sollen das in der Klasse vorlesen. Und auf einmal hat es mich in dieses Reclam-Heft hineingezogen. In dem kleinen Heftl hat sich plötzlich eine ganz neue aufregende Welt aufgetan“, erinnert sich Niavarani zurück.

Liebhaber und Kenner

Fasziniert hat ihn gleich einmal der volle Name des Volksschauspielers und Dichters: Johann Nepomuk Eduard Ambrosius Nestroy. Der Auslöser dieser Faszination war das Stück „Die schlimmen Buben in der Schule“. Mit der Rolle des Willibald, die er zu lesen hatte, konnte sich der junge Niavarani schnell identifizieren. Folgerichtig schreibt er dann auch, dass Nestroy seine Schulzeit verkürzt hat – er hat ihm sozusagen die Matura erspart, weil er gleich zum Theater wollte.

Buchtipp
ORF

Michael Niavarani will in diesem Buch von Menschen erzählen, die Johann Nestroy in Wien gefunden und in seinen rund 80 Stücken wieder neu erfunden hat. Er zeigt sich hier nicht nur als Liebhaber, sondern auch als genauer Kenner der Werke Nestroys, zitiert aus den sehr bekannten und den völlig unbekannten Stücken des Vielschreibers und erzählt von den persönlichen Erinnerungen, die er damit verknüpft.

„Appetithäppchen auf Nestroy und sein Werk“

Niavarani legt Wert darauf, dass sein Buch kein wissenschaftliches Werk sein soll, sondern ein „Appetithäppchen auf Johann Nestroy und sein Werk“ und er entführt auch in das Wien dieser Zeit, also in die Mitte des 19.Jahrhunderts. Da gibt es immer wieder recht unterhaltsamen Geschichtsunterricht, wenn Niavarani zum Beispiel diverse Redewendungen aus den Stücken erklärt, die man ohne diesen historischen Hintergrund heute gar nicht mehr versteht.

Sendungshinweis:

Guten Morgen Steiermark, 16.1.2020

Der lange und etwas sperrige Untertitel „Es glaubt kein Mensch, was ein jeder Mensch glaubt, was er für ein Mensch ist“ ist eines der zahlreichen legendären Zitate Nestroys: „Es glaubt kein Mensch, was ein jeder Mensch glaubt, was er für ein Mensch ist – wobei etwas Starkes hat natürlich jeder Mensch: der eine zum Beispiel hat einen starken Durst, der andere einen starken Schlaf, der nächste hat einen starken Schnupfen, einer hat einen starken Verdacht – aber durchaus stark, das bin nur ich, denn meine Stärke besteht rein in der Stärke. Ich möchte mich ja mal mit mir selbst zusammenhetzen, um zu sehen, wer der Stärkere ist: Ich oder ich?“, sinniert Niavarani.

Das Buch ist der Mutter des Kabarettisten gewidmet und sei ein Geburtstagsgeschenk für sie, schreibt er – denn sie hat nach der Verleihung des Nestroy-Preises gefordert, dass der Bub jetzt doch endlich wieder Nestroy spielen könnte – und der brave Bub gehorcht, schreibt der 52-Jährige.