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Ein literarischer Ausflug nach „Bella Italia“

Jesolo, Grado, Caorle, Triest oder auch Venedig: Ein paar Tage in „Bella Italia“, um den Frühling zu begrüßen, das war vor Corona eine liebgewordene Tradition. Jetzt kann man sich zumindest schon einmal einlesen – mit „Als ich einmal in den Canal Grande fiel“.

Petra Reski beschreibt hier Venedig aus der Sicht einer, die mitten in der Lagunenstadt wohnt und die Auswüchse des Massentourismus hautnah miterlebt. „Als ich einmal in den Grande fiel“ heißt das Buch, und dieser Episode ist eines der Kapitel gewidmet.

Immer mehr Venezianer verlassen die Stadt

Die deutsche Journalistin und Schriftstellerin lebt seit 30 Jahren in Venedig und ist mit einem Venezianer verheiratet. Sie beschreibt das Venedig der Gegenwart mit allen Licht- und Schattenseiten: „Seit 30 Jahren wird hier die russische Monokultur praktiziert, die sich vor allem das Ziel gesetzt hat, die Venezianer aus der Stadt zu vertreiben, um das Ganze hier besser bespielen zu können.“

Sendungshinweis:

„Guten Morgen Steiermark“, 2.5.2021

So erzählt Reski etwa von einem alteingesessen Fischer, der zuerst sein Boot aufgeben muss und dann in die Industriestadt Mestre übersiedelt – eine Hiobsbotschaft, denn er hat immer betont, er sei in Venedig geboren und werde hier auch sterben. Dieser Fischer ist nur einer von vielen Venezianern, die die Stadt verlassen. Immer mehr machen sich die Airbnbs, die Take-aways und die billigen Hotels breit, schreibt Reski.

Das Flair einfangen – oder doch nur ein Selfie

Den Tourismus will sie aber nicht prinzipiell verdammen: „Venedig war schon immer eine touristische Stadt und jeder, der einmal nach Venedig kommt und sich länger als einen Tag hier aufhält, sich wirklich für die Stadt interessiert, in die Museen geht, hier lebt und sich treiben lässt, ist immer willkommen gewesen. Wer nicht willkommen ist, sind diejenigen, die nur für einen Tag herkommen, um am Markusplatz ein Selfie zu machen.“

Buchtipp
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Das vergangene Jahr war natürlich auch in Venedig ein außergewöhnliches, wir kennen ja die Bilder vom menschenleeren Markusplatz, sogar Delfine sollen sich in der Lagune getummelt haben. Auch diese Stimmung in der touristenleeren Stadt beschreibt Petra Reski: „Selbst während der Cholera-Epidemie oder zur Zeit der Pest wird es in Venedig nicht so ausgesehen haben, weil da noch sehr viel mehr Menschen hier lebten.“

Kritik an Kreuzfahrtschiffen

Mit der Ruhe ist es bald wieder vorbei: Ab Juni werden wieder Kreuzfahrtschiffe in Venedig anlegen, Schiffe doppelt so schwer wie die Titanic und höher als der Campanile: „Kreuzfahrtschiffe hinterlassen nichts anderes als Feinstaub, Müll und Zerstörung der Uferfundamente. Die Leute, die auf den Kreuzfahrtschiffen übernachten, die essen nicht in Venedig, die schlafen nicht in Venedig. Das ist der denkbar schlechteste Tourismus, den man hier nach Venedig gelockt hat – und das wahrscheinlich nur aufgrund der vielen Gelder, die die Lobby der Kreuzfahrtindustrie an die Politiker verteilt“, kritisiert Reski.