„Versuch einer Geschichte der Trauer“ von Günther Jontes
Günther Jontes
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Die vielen Gesichter der Trauer

Trauer hat viele Gesichter – dieses Fazit könnte man Günther Jontes neuem Buch „Versuch einer Geschichte der Trauer“ geben. Der steirische Volkskundler und Kulturhistoriker spürt darin den verschiedenen Zugängen und Ausprägungen der Trauerkultur nach.

„Allerheiligen ist kulturhistorisch betrachtet ein fröhliches Hochfest, an dem alle Heiligen – tutti santi – gefeiert werden“, so Günther Jontes.

Allerseelen als eigentlicher Trauertag

Das stille Abschiednehmen, wo man der Verstorbenen gedenkt, sei eigentlich Allerseelen: „Man hofft, dass die Seelen dort gelandet sind, wo es ihnen gut geht – also im Himmel bei Gott. Und dieser Tag passt auch zu meinem Buch dazu, das sich mit den Formen der Trauer beschäftigt. Denn auch die Trauer wandelt sich, und das Zeigen von Trauer wandelt sich“, so Jontes.

Sendungshinweis:

„Guten Morgen, Steiermark“, 1.11.2021

So war es früher etwa üblich, eine Trauerbinde um den Arm zu tragen, und die Herren trugen eine schwarze Schleife im Revers, schildert Jontes: „Wenn ich die Fotos aus den 30er-Jahren aus meiner Familie anschaue, da tragen die Frauen beim Gang zum Grab von der Aufbahrungshalle einen schwarzen Schleier. Das wurde zuletzt noch getragen, wie die letzte Kaiserin in Wien beigesetzt wurde. Der Adel hat das noch getragen, diese Verschleierung.“

Traditionen der Trauer in Gesellschaft fest verankert

Die Traditionen rund um Trauer seien nach wie vor fest in unserer Kultur verankert, da der Tod das Leben des Menschen bestimmt, so Jontes: „Wenn ich auf die Welt komme, dann muss ich auch einmal sterben, wir leben nicht ewig. Und dieses Gefühl, das wandelt sich aber nicht in den Formen, dass man nicht mehr daran glaubt, dass man bestraft wird, für das, was auf Erden geschehen ist, und so gehen wir mit den Trauerformen eher locker um.“

„Versuch einer Geschichte der Trauer“ von Günther Jontes
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Die Formen der Trauer haben sich jedoch gewandelt, so Jontes: Während früher Grabsteine oft ausschweifend gestaltet wurden, sind diese inzwischen sehr reduziert in ihrer Gestaltung, da die Beschriftung der Steine viel Geld kostet. So lasse sich laut Jontes die Kultur des Todes in mehrere Bereiche einteilen, die sich zum Teil als materiell, aber auch als immateriell erweisen.