Marco Balzano: „Wenn ich wiederkomme“ – Cover
Diogenes Verlag
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Die andere Seite der Pflege

In seinem Buch „Wenn ich wiederkomme“ blickt Marco Balzano auf die andere Seite der Pflege: Nicht die Pflegebedürftigen stehen im Mittelpunkt, sondern die Pflegerinnen und deren Familien und Schicksale.

Wenn man von 24-Stunden-Pflege spricht, geht es meistens darum, wie schwer es ist, eine zuverlässige Betreuerin zu finden. Aber wie geht es diesen Betreuerinnen, wer sind diese Frauen, die ihre Familien und ihre Freunde zurücklassen, um sich in einem fremden Land um fremde Menschen zu kümmern?

„Italienkrankheit“ bleibt den Familien

Marco Balzano erzählt die Geschichte einer betroffenen Familie aus den verschiedenen Perspektiven. In seiner Nachbetrachtung schreibt Balzano, er wollte in diesem Roman die Geschichte einer Migrantin aus der heutigen Zeit erzählen. Den ausgewanderten Frauen gelinge es zwar, so Balzano, die wirtschaftliche Situation ihrer Familien zu verbessern, zurück bleiben aber Kinder und Jugendliche, die leiden und auch für die psychischen Probleme der Frauen selbst gibt es schon die Bezeichnung „Italienkrankheit“ – so nennen osteuropäische Psychiater das Burnout der Haushaltshilfen und Pflegerinnen.

Marco Balzano: „Wenn ich wiederkomme“ – Cover
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Mit Geld aus dem Ausland Kindern ein Studium ermöglichen

Eines Tages stehen Manuel und seine Schwester Angelica in der Früh auf, und ihre Mutter Daniela ist weg – ohne Vorankündigung hat sie die Familie verlassen. Ein Brief ist alles, was die beiden Jugendlichen vorfinden: „Ich muss fort, damit ihr studieren könnt“, schreibt sie in dem Brief.

Aus dem kleinen rumänischen Dorf ist Daniela mit dem Bus nach Italien gefahren – eine Freundin hat ihr versprochen, dass es dort viel Geld zu verdienen gebe. Denn für ihre Arbeit in ihrer bisherigen Firma hat sie schon seit Monaten kein Gehalt mehr bekommen, und ihr Mann ist seit einem Jahr überhaupt arbeitslos. In Mailand arbeitet Daniela zuerst als Altenpflegerin, später als Kindermädchen – ohne Versicherung und ohne Anmeldung.

Sendungshinweis:

„Guten Morgen, Steiermark“, 28.11.2021

Sohn Manuel wächst inzwischen bei den Großeltern auf, nachdem auch sein Vater im Ausland Arbeit gefunden hat. Mit dem Geld, das Daniela in Italien verdient, kann sie für den Sohn eine Privatschule bezahlen, die Tochter kann studieren. Wenn sie nach Hause kommt – meist nur einmal im Jahr – bringt sie teure Geschenke mit.

Unüberwindbare Gräben wachsen

Doch die Familie fällt mehr und mehr auseinander – vor allem für Manuel, den Jüngsten, wird die Situation unerträglich. Nach einiger Zeit weigert er sich sogar, mit seiner Mutter auch nur am Telefon zu sprechen. Vier Jahre bleibt Daniela in Italien – sie kehrt zurück, als ihr Sohn nach einem Unfall im Koma liegt. Tag und Nacht verbringt sie dann an seinem Krankenbett, so als müsste sie verlorengegangene gemeinsame Zeit aufholen.