„Die wunderbare Reise des Nils Holgersson mit den Wildgänsen“ ist wohl Selma Lagerlöfs bekanntestes Werk: Die Geschichte des Jungen, der als Strafe für seinen bösen Streiche in ein Wichtelmännchen verwandelt wird und am Rücken des zahmen Gänserich Martin auf Reisen geht, kennen und lieben Generationen von Kindern.
Bruch mit Lehrerverband führte zu Erfolg
Selma Lagerlöf schrieb den Roman 1906 als Auftragswerk für die schwedischen Volksschulen: Es sollte als Lesebuch den Kindern die schwedischen Landschaften und ihre Geschichte näherbringen. Mit „Nils Holgersson“ habe Selma Lagerlöf allerdings mit allen Vorgaben des Lehrerverbands gebrochen, schreibt Charlotte von Feyerabend in ihrem historischen Roman – und erst dadurch konnte das Buch zu diesem weltweiten Erfolg werden.
Sendungshinweis:
„Guten Morgen, Steiermark“, 12.12.2021
Die hart erkämpfte Freiheit
„Sie lebte die Freiheit und erfand Nils Holgersson“ ist der Untertitel des Romans – die Freiheit musste sich Lagerlöf jedoch hart erkämpfen: Geboren wurde sie als Tochter eines Gutbesitzers, ihre Mutter stammte aus einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie.
Der Roman beginnt mit einem unerfreulichen Kapitel in ihrem Leben: Die Familie hat hohe Schulden, daher muss der Großteil der wertvollen Einrichtung zwangsversteigert werden; wenige Jahre später wird das gesamte Gut verkauft. Erst mit dem Erlös ihrer Romane und dem Preisgeld für den Nobelpreis kann Lagerlöf Jahre später alles zurückkaufen.

Erste weibliche Literaturnobelpreisträgerin
Im späten 19. Jahrhundert und zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist ihre Karriere alles andere als selbstverständlich: Sie geht gegen den Willen ihres Vaters auf ein Mädchengymnasium und arbeitet später als Lehrerin – das war damals der einzige Weg, um als unverheiratete Frau finanziell unabhängig zu sein. Daneben schreibt sie schon, kann aber ihre Stelle nicht aufgeben, da sie auch ihre Familie unterstützen muss. 1909 erhält Lagerlöf als erste Frau den Nobelpreis für Literatur. Sie ist zudem auch politisch aktiv und setzt sich unter anderem für das Frauenwahlrecht ein.
Leben geprägt von Dreiecksbeziehungen
Einen wichtigen Teil in Charlotte von Feyrabends historischem Roman nehmen auch die gleichgeschlechtlichen Liebensbeziehungen der Schriftstellerin ein: So lebt sie viele Jahre in einer Dreiecksbeziehung, die geprägt war von viel Eifersucht und den Versuchen, zwischen ihren Partnerinnen für Ausgleich zu sorgen.
Mit der Schriftstellerin Sophie Elkan verband Lagerlöf eine eher platonische, aber sehr innige Beziehung: Die beiden Frauen gehen auf viele gemeinsame Reisen – einige der Romane basieren darauf. Später lernte Selma Lagerlöf die Lehrerin Valborg Oderland kennen – mit ihr verband sie eine lebenslange Liebe.