„Mit dir. Vater und Sohn auf den Straßen des Lebens“ heißt das Buch, und es beginnt gleich mit zwei sehr prägenden Ereignissen: Benjamin Lebert erzählt davon, dass er als Achtjähriger am Schulhof verprügelt wird – wegen seiner körperlichen Behinderung wird er als Kind oft gemobbt und ausgeschlossen. Vater Andreas erinnert sich daran, als er zum ersten Mal dem Sohn erklären muss, warum er seine linke Hand nur schwer bewegen kann.
Erfolgreicher Journalist und erfolgreicher Autor
Beide Männer haben alles andere als geradlinige Karrieren vorzuweisen: Als Benjamin zur Welt kommt, schlägt sich sein Vater mehr schlecht als recht als Taxifahrer durch. Er versucht sich außerdem nach dem Abbruch seines Physikstudiums als Pharmavertreter, bevor er als Journalist erfolgreich wird – unter anderem beim Stern, bei der Süddeutschen Zeitung, als Chefredakteur der Brigitte. Heute leitet er das Magazin ZEIT WISSEN.
Benjamin Lebert hat mit 16 seinen ersten Roman geschrieben: „Crazy“ wurde in mehr als 30 Sprachen übersetzt und weltweit millionenfach verkauft. Kurz davor hat er allerdings die Schule ohne Abschluss abgebrochen. Diesen Abschluss hat er später in der Abendschule nachgeholt und dem ersten sind bis heute acht weitere Romane gefolgt.
Sendungshinweis:
„Guten Morgen Steiermark“, 16.1.2022
Der Roman im Schrank
Am Gelingen war auch Vater Andreas mitbeteiligt, wie in einer Episode erzählt wird: Da klagt der Sohn über seine Schreibblockade während der Arbeit an seinem 2. Roman: „Er befahl mir, ihm jede Woche von Freiburg aus ein Kuvert zu schicken. Mit 20 Seiten Text. Und ich würde richtig Ärger bekommen, wenn kein Kuvert bei ihm eintreffe. Nein, er würde den Text nicht kommentieren, kein Feedback geben. Er würde ihn nicht einmal lesen, sondern das Kuvert nur ablegen. Und der Roman der ‚Vogel ist ein Rabe‘ existiert tatsächlich neben der veröffentlichten Version als Ansammlung ungeöffneter Kuverts im Schrank meines Vaters.“
Zerrüttete Familie und gemeinsame Krisen
Diese bisher 39 Jahre dauernde Geschichte der Vater-Sohn-Beziehung ist aber auch eine mit dunklen Seiten: die Depressionen des Sohns zum Beispiel und das Zerbrechen der Familie, das Benjamin so beschreibt: „Als sich meine Eltern 17 Jahre später trennten, hatten sie sich verändert. Mein Vater hatte Karriere gemacht in der seltsamen Welt des Journalismus. Meine Mutter hatte Karriere gemacht in der seltsamen Welt der Sorgen.“
Gemeinsame Erlebnisse und Krisen werden schonungslos beschrieben, und auch wenn es weh tut – die beiden Männer bleiben immer im Gespräch. Es gibt berührende Erkenntnisse wie zum Beispiel diese Sätze: Eltern sollten ihren Kindern Urvertrauen mitgeben. Aber es gibt auch eine Gegenfahrbahn: Kinder geben ihren Eltern Urvertrauen.