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Auf der Spur der Redensarten

Wieso wird der Teufel an die Wand gemalt, und was hat es mit dem berühmten Fettnäpfchen wirklich auf sich? Diese und weitere Fragen beantwortet das Buch „Der geheime Ursprung der Redensarten“ von Andrea Schomburg und Irmela Schautz.

Etwas aus dem Ärmel schütteln, jemandem die Leviten lesen oder tabula rasa machen – laufend verwenden wir in unserer Alltagssprache derartige Floskeln, ohne wirklich zu wissen, woher sie stammen: „Der Wert von Redewendungen ist im Grunde, dass man in dem Augenblick, wo man eine Redewendung benutzt, der Kommunikationspartner sofort weiß und bildlich vor sich sieht, was man meint“, schildert Autorin Andrea Schomburg.

Redewendungen als Quiz

Schomburg lehrt Lyrik und Theatertechniken an der Universität im norddeutschen Lüneburg und hat bereits einige Kinderbücher und Gedichtbände für Erwachsene veröffentlicht. Schon während ihres Studiums war sie fasziniert von Abstammungswörterbüchern: „Redewendungen sind bildlich, man kann sich unter ihnen etwas vorstellen – und sie geben oft auch ganz interessante Aufschlüsse über historische und soziale Gegebenheiten.“

Buchtipp
ORF/Dumont

Mit ihrem aktuellen Buch will Andrea Schomburg aber nicht nur einfach ein Lexikon der Redensarten vorlegen: Jede Redewendung ist ein etymologisches Quiz – zu jeder Floskel gibt es vier Erklärungen, von denen nur eine richtig ist.

Beispiel gefällig?

„Jemandem die Stange halten“ – für Menschen, die einem in schwierigen Situationen zur Seite stehen kommt von …

… den Schlachten des Dreißigjährigen Krieges, wo oft nur durch den Feldbanner zu erkennen war, wo gerade die eigenen Kameraden kämpften. Der Fähnrich hatte daher die wichtige Aufgabe, die Fahnenstange unter allem Umständen aufrecht zu halten und sie auf gar keinen Fall in Feindeshand gelangen zu lassen.

… von den Turnspielen des umstrittenen Turnvaters Johann Friedrich Jahn, der lebendige Hürden erfand: Zwei Burschen mussten einen Stab auf einer vorher festgelegten Höhe halten und die anderen dann darüber springen. Ein Sieg hing also davon ab, wer einem die Stange hielt.

… aus dem Mittelalter. Wenn es in einem Gerichtsverfahren Aussage gegen Aussage stand, konnten die beiden Kontrahenten mit Stöcken oder Schwertern gegeneinander antreten. Der Ausgang des Duells galt als Gottesurteil. Um aber schwere oder gar tödliche Verletzungen zu vermeiden, hielt der Kampfrichter eine Stange über den Unterlegenen.

… ursprünglich lautete die Redewendung „Jemandem eine Stange hinhalten“ und bezog sich auf eine finanzielle Zuwendung, also eine buchstäbliche Stange Geld. Der sagenhaft reiche Bankier Jakob Fugger kam als erster auf die Idee, Goldmünzen mit Pergament zu handlichen Stangen zu verpacken.

Sendungshinweis:

„Guten Morgen, Steiermark“, 30.1.2022

Lehrreich und durchaus unterhaltsam

Welche die richtige Erklärung ist, erfährt man zu dieser und den weiteren 34 Redewendungen im Auflösungsteil am Ende des Buches. „Der geheime Ursprung der Redensarten“ von Andrea Schomburg und Irmela Schautz aus dem Dumont-Verlag ist nicht nur ein lehrreiches, sondern ein überaus unterhaltsames Buch, mit dem sich auch trefflich Familien- oder Hüttenabende gestalten lassen: Irgendwer geht immer der falschen Lösung auf den Leim – und wer die richtige entdeckt, freut sich sicher wie ein Schneekönig.