„Wildes Waldviertel“
Brandstätter Verlag
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Wildes Waldviertel

Urwälder gibt es nicht nur am fernen Amazonas, sondern auch vor unserer Haustür. Der Naturfotograf und Umweltschützer Matthias Schickhofer stellt in seinem neuen Buch einige dieser raren, versteckten Orte im Waldviertel vor.

„Wildes Waldviertel“ heißt das Buch, und es zeigt die Welt der Moore, der Wackelsteine und der unberührten Flusstäler. Es ist die „übersehene Wildnis“ vor der eigenen Haustür, sagt Matthias Schickhofer: „Man muss nicht nach Kanada oder in den Amazonas fliegen, um wilde Orte zu erleben – die gibt es auch hier. Ich möchte den Menschen zeigen, wie das aussieht, daher auch ein Bildband, und ich erklär auch, woran erkenne ich einen Naturwald, wie erkenne ich ein Moor, wie erkenne ich, ob eine Naturlandschaft auch wirklich sehr naturnah ist. Und ich versuche auch, die Menschen zu inspirieren, wenn sie selbst wandern, dass sie erkennen, wo die Natur intakt ist.“

„Die wahre Natur versteckt sich“

Der Autor, Fotograf und Naturschützer ist in Zwettl im Waldviertel aufgewachsen und hat schon in seiner Jugend die „wahrhaft wilden Orte“ entdeckt: „In der Nähe von Zwettl gibt es im Kamptal eine kleine Seitenschlucht, da liegen umgestürzte Bäume drin, ist mit Moos und Farnen überwachsen und dieser Ort hat eine Wildheit und Weltabgeschiedenheit gehabt, da war mir dann klar, die Fichtenwälder sind es dann doch nicht, die sind nicht die wahre Natur, die wahre Natur, die versteckt sich – in den Schluchten, auf den Steilhängen, in irgendwelchen Bachgräben, und das hat mich dann magisch angezogen.“

Kein Wanderführer

Diese wahre Natur soll auf jeden Fall erhalten werden, daher gibt es zu den fotografierten und beschriebenen Plätzen im Buch keine Wegweiser und keine genauen Ortsangaben: „Mit dem Buch möchte ich natürlich nicht, dass die letzten wilden Winkel jetzt auf Instagram ausgelobt und dann niedergetrampelt werden.“ Aber man findet Tipps, wo man an bestehenden Wanderwegen Naturwälder und Moore erleben kann.

„Wildes Waldviertel“
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Das Buch versteht Matthias Schickhofer als Inspiration, genauer auf die Natur zu schauen, denn dann kann man sie auch als Zufluchtsort sehen: „Diese Plätze haben Frieden, und da ist die Seele noch OK.“

„Die Waldviertler Prärie“

Ein Kapitel ist auch dem Truppenübungsplatz Allentsteig gewidmet – eine seltsame Landschaft findet man da vor, sagt Schickhofer, der sie als die „Waldviertler Prärie“ bezeichnet: „Das sind 15.000 Hektar, wo auf einem großen Teil der Fläche keine land- und forstwirtschaftliche Bewirtschaftung stattfindet, sondern da wird geschossen. Dadurch ist eine seltsame Symbiose zwischen der Armee, also den Kriegern, und seltenen Arten, die kaum mehr einen Lebensraum haben, entstanden. So hat sich dort vor einigen Jahren eine Wolfsfamilie eingenistet, die ist zwar angeblich erloschen – also es gibt keine Sichtungen mehr –, aber es zeigt, dass diese große leere Fläche, wo nur das Militär operiert, aber sonst keine Menschen sind, das bietet viel Platz für natürliche Prozesse.“ So ließen sich hier nicht nur Wölfe nieder, sondern auch der Wachtelkönig und Birkhühner.

Sendungshinweis:

„Guten Morgen, Steiermark“, 17.4.2022

Neues Waldsystem am Entstehen

Allerdings macht sich auch der Klimawandel hier besonders bemerkbar: Die riesigen Fichtenwälder fielen zum großen Teil dem Borkenkäfer zum Opfer – über viele Kilometer hinweg ein apokalyptischer Anblick, und trotzdem gibt es Grund zur Hoffnung: „Da entsteht jetzt mit sehr großer Geschwindigkeit ein völlig neues, wildes Waldsystem, auch unter dem Schutz dieser toten Bäume, weil die Schatten spenden und Wasser speichern, das heißt, es geht die Wiederbewaldung auf den Flächen, wo man nicht alles wegräumt, geht eigentlich viel schneller. Man kann sich das beim Truppenübungsplatz anschauen: Auf relativ großes Fläche, das sind ja mittlerweile tausende Hektar, wo der Wald tot ist, was dort passiert, wenn man nichts tut – eigentlich entsteht dort eine ökologisch sehr interessante und wertvolle Fläche unter dem Schutz des Militärs, was ich eine sehr interessante Geschichte finde“, so Schickhofer.