Im dichten Nebel der Schlachtfelder im Norden Schottlands keimt im siegreichen Heerführer Macbeth die Idee zum Mord am König. Angetrieben von der Prophezeiung dreier Hexen in weißen Schutzanzügen wird ein grausamer Tyrann geboren, der auf dem Weg zum Thron ein blutrünstiges Gemetzel anrichtet.
Als wahnsinniger Mörder fesselt Macbeth-Darsteller Florian Köhler: „Es fängt ja damit an, dass er an sich große Gräueltaten begangen hat: Er ist ein Schlächter, der laut Botenberichten hunderte, tausende Leute mit dem Schwert geschlachtet hat. Das große Dilemma ist, dass er einen Vorgesetzten umbringt, was nichts mehr mit der Kriegssituation zu tun hat. So bekommt er das erste Mal Skrupel.“
Grausamkeiten der Liebenden
Als Schlächter bekräftigt wird der neue König von seiner nicht minder machtgierigen Frau Lady Macbeth: „Es ist schon so, dass die Figuren am Anfang eng und innig sind und dann nach der Tat auseinander gehen: Die Tat ist vollbracht, man hat keine gemeinsame Aufgabe mehr“, so Lady Macbeth Sarah Sophia Meyer.
Die fleischgewordenen Grausamkeiten der Liebenden stehen in der Inszenierung des deutschen Regisseurs Stephan Rottkamp im Fokus: „Es gibt im Stück diesen Satz: ‚Hast du die Tat getan?‘ Und er macht sich im Grunde dadurch besonderer – oder erhebt sich über seine eigene Frau, die natürlich ein großer Katalysator seiner Wünsche und seines Glaubens ist. Mir war es wichtig zu zeigen, dass man inmitten von diesem Kriegsgetreibe tatsächlich so etwas wie ein Kammerspiel erzählen kann, diese Beziehung der beiden, die Zerstörung einer Liebe, wirklich spürbar sichtbar kriegt.“
Sendungshinweis:
„Der Tag in der Steiermark“, 27.5.2022
Zelebrierter Machtmissbrauch
So wird die kühle, kahle, in Blut getränkte Bühne zur Arena für ein Paar, das Machtmissbrauch barbarisch zelebriert – unter dem Deckmantel der Liebe. Mit abgetrennten Körperteilen, Folterszenen und kübelweise Blut unterstreicht Stephan Rottkamp Heiner Müllers konkrete Sprache in all ihrer Brutalität.
Solange es Diktaturen gibt, wird Macbeth aktuell sein, sagt der Regisseur und hält sich auch damit an Heiner Müller, der Shakespeares Tragödie 1972 als ewigen Spiegel durch die Menschheitsgeschichte interpretierte.