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Kultur

Eine schrille Offenbach-Sause in der Oper Graz

Mit seiner Operette „Die Großherzogin von Gerolstein“ hat der Komponist Jacques Offenbach 1867 Paris zum Zentrum der Musik gemacht – nun kommt das Werk in einer schrillen Inszenierung auf die Grazer Opernbühne.

Mit der „Großherzogin von Gerolstein“ schuf Jacques Offenbach eine ätzende Parodie auf den deutsch-französischen Krieg, eine Operette voll französischen Esprits mit erstaunlicher Aktualität. In der bissigen Persiflage auf einen fiktiven Kleinstaat entlarven sich die Mächtigen durch ihre Prahlerei selbst.

„Sie war ein Popstar“

In Gerolstein regieren Korruption und politische Willkür – mit einer Großherzogin, die ihr Heer für amouröse Abenteuer einsetzt.

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Die Rolle der Großherzogin schrieb Offenbach seiner Lieblingsdarstellerin Hortense Schneider auf den Leib, betonte Regisseur Peter Lund: „Die Erfindung der Diva ist mit ihr passiert: Sie war ein richtiger Popstar. Also Madonna, Marilyn… Ganz Paris hat von ihr gesprochen. Sie hat als Großherzogin in ihrer Garderobe alle Könige Europas empfangen, die damals bei der Weltausstellung waren.“

Eine schrille Offenbach-Sause in der Oper Graz

Mit seiner Operette „Die Großherzogin von Gerolstein“ hat der Komponist Jacques Offenbach 1867 Paris zum Zentrum der Musik gemacht – nun kommt das Werk in einer schrillen Inszenierung auf die Grazer Opernbühne.

Anna Brull verkörpert in Graz Schneider und die Großherzogin großartig in einer Doppelrolle: „Man kann sich auch ein bisschen denken, wie mächtig sie war und welchen Einfluss sie auch auf Offenbach gehabt hat.“

Vergangenheit und Inszenierung greifen ineinander

Schneider hat die Rolle gelebt, und so greifen auch in der Inszenierung Operettenhandlung und reale Entstehungsgeschichte ineinander. Lund lässt Jacques Offenbach und Hortense Schneider immer wieder hinter den Kulissen auftreten und über das Stück streiten.

Sendungshinweis

„Der Tag in der Steiermark“, 13.1.2023

„Es war ja gar nicht gemütlich, es war satirisch, es war tagesaktuell, es hat die Leute von den Stühlen gerissen, und um das zu erzählen, muss man entweder am Stück einiges ändern oder wir haben uns für die Entstehungsgeschichte des Werkes entschieden.“

Mit schrillen, überzogenen Kostümen lässt Lund in Graz die Armee auftreten – und der von der Großherzogin verschmähte Prinz Paul jammert im lächerlich-knallgelben Kostüm mit schiefem Faschingskrönchen über den Spott der Presse: „So schreibt die Presse über mich“.

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Krieg ließ Operette verblassen

Kurz nach dem Riesenhit der „Großherzogin“ 1867 folgte der reale deutsch-französische Krieg und damit der Abstieg, betonte Lund: „Nach dem Krieg wollte Offenbach wieder in Paris neu anfangen, aber das ging nicht, weil der Krieg ihn als Deutschen und Juden total deklassiert hat – ein richtiger Shitstorm, wie wir heute sagen würden. Er wurde antisemitisch angefeindet, und die ‚Großherzogin‘ wurde nicht wieder aufgeführt, weil damals hätte man nicht darüber lachen können.“

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Umso mehr zu lachen gibt es mit der „Großherzogin von Gerolstein“ nun wieder an der Grazer Oper – die ganze Welt ist eine Operette.