Bäume sind faszinierende Lebewesen: Seit rund 300 Millionen Jahren besiedeln sie in einer beeindruckenden Vielfalt die Landmassen der Erde und haben dabei schon so manche Katastrophe überstanden. Die Menschheitsgeschichte wäre unter Garantie ganz anders verlaufen ohne die Nahrungsmittel, das Feuerholz, das Baumaterial oder den Rohstoff für zahllose Gebrauchsgegenstände – alles Dinge, die Bäume eben so liefern.
In letzter Zeit haben Bäume auch noch eine Art therapeutische Aufgabe bekommen: Das immer beliebter werdende Waldbaden oder das Umarmen von Bäumen soll gestresste Menschen wieder herunterholen und sie buchstäblich wieder erden – wir lieben Bäume also völlig zurecht.
Die dunklen Seiten der Bäume
Aber wie heißt es schon im elften Gebot: „Du sollst Dich nicht täuschen.“ Bäume haben nämlich auch ihre dunklen Seiten und gehen im Kampf um Licht und Nährstoffe mit verblüffender Grausamkeit gegeneinander vor.
Sendungshinweis
„Guten Morgen, Steiermark“, 4.2.2023
Da wäre zum Beispiel die tropische Würgefeige: Die nahe Verwandte unserer beliebten Zimmerpflanzen Gummibaum und Ficus Benjamini ist eine echte Killerpflanze. Wenn Vögel oder Affen die Feigen fressen und die Samenkörner dann zufälligerweise in die Astgabel oder in den Rindenspalt eines anderen Baums wieder ausscheiden, nimmt das Unheil seinen Lauf. Der schnell wachsende Keim bildet sogenannte Luftwurzeln aus, die Richtung Erde wachsen und den Wirtsbaum umschlingen. Dieser reagiert mit Dickenwachstum, was aber letztlich seine eigenen Leitungsbahnen für Wasser und Mineralien abschnürt.
Zusätzlich überwuchern die Blätter der Würgefeige die Krone des Wirtsbaums, sodass dieser auch von oben vom Licht abgeschnitten wird und am Ende eingeht. Aber sogar an der sich zersetzenden Baumleiche tut sich die Würgefeige gütlich, indem sie sie als Nährstoffquelle für den eigenen Stoffwechsel nutzt.
Auch die so nützlichen Walnussbäume liefern nicht nur köstliche Früchte, sondern sind nicht gerade zimperlich, wenn es darum geht, Konkurrenz fernzuhalten: Der Baum bildet in all seinen Teilen einen Stoff namens Juglon, der andere Pflanzen sehr effektiv am Wachstum hindert bzw. sie sogar eingehen lässt.
Gut oder böse – eine Frage der Perspektive
Aber gerade diese Eigenschaft versucht sich der Mensch zunutze zu machen, indem Juglon als natürliches Herbizid, ja sogar als Mittel gegen Krebs erforscht wird. Gut und Böse sind also keine natürlichen Kategorien, sondern menschlich geprägt und daher oft genug eine Frage der Perspektive.