Fünf Jahre unbedingte Haft für Hannes Kartnig

Hannes Kartnig ist am Freitag zu fünf Jahren unbedingter Haft und einer Geldstrafe von 6,6 Millionen Euro verurteilt worden. Die Verteidiger legten Berufung ein. Die sieben Mitangeklagten erhielten Geld- und Haftstrafen und erbaten Bedenkzeit.

Hannes Kartnig

APA/Markus Leodolter

Kartnig wurde der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen, des schweren Betrugs und der Steuerhinterziehung für schuldig befunden

Nach über elf Monaten fiel am Freitag - am insgesamt 43. Verhandlungstag - im Straflandesgericht Graz das Urteil gegen Hannes Kartnig und weitere sieben Angeklagte. Vier Stunden beriet der Schöffensenat unter Richter Karl Buchgraber. Der große Schwurgerichtssaal im Grazer Straflandesgericht war bis auf den letzten Platz gefüllt. Mit starrer Miene folgten die acht Angeklagten den Ausführungen des Richters. Mehr als eine Stunde dauerte die Urteilsverkündung. Erstmals seit Beginn des Prozesses ist am Freitag auch Kartnigs Ehefrau im Gerichtssaal.

6,6 Millionen Euro Geldstrafe

Hannes Kartnig wurde zu fünf Jahren unbedingter Haft und einer Geldstrafe in Höhe von 6,6 Millionen Euro verurteilt. Kann er diese Summe nicht bezahlen, dann kommen noch einmal 18 Monate Ersatzfreiheitsstrafe dazu. Kartnig wurde der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen, des schweren Betrugs und der Steuerhinterziehung für schuldig befunden - sprich, er hat die Zahlungsunfähigkeit des Vereins SK Sturm Graz grob fahrlässig herbeigeführt.

Schilcher erhält unbedingte Geldstrafe

Die anderen sieben Mitangeklagten werden alle wegen Steuerhinterziehung, zum Teil auch wegen grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen und auch wegen schweren Betrugs schuldig gesprochen. Die Verurteilungen im Detail: Der Ex-Sekretär des Vereins wurde wegen Beitrags zur Steuerhinterziehung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten und zu einer unbedingten Geldstrafe von rund 2,3 Millionen verurteilt. Der ehemalige Sturm-Sportdirektor Heinz Schilcher erhielt wegen Steuerhinterziehung eine unbedingte Geldstrafe in Höhe von rund 1,9 Millionen Euro.

Angeklagte von betrügerischer Krida freigesprochen

Die fünf ehemaligen Funktionäre des Vereins wurden zu Geldstrafen von 1,3 bis 3,8 Millionen Euro verurteilt. Weiters wurden teilweise bedingte Haftstrafen in der Höhe von sechs bis zwölf Monaten verhängt. Vom Vorwurf der betrügerischen Krida wurden alle Angeklagten freigesprochen.

„Für die Beitragstäter genügt es, dass sie die Tat des Haupttäters kennen, was von den Vorstandsmitgliedern angenommen werden muss“, begründete Richter Karl Buchgraber die Verurteilungen. Er warf den Angeklagten vor, von den Schwarzgeldzahlungen an die Sturm-Spieler gewusst zu haben und nicht rechtzeitig die Zahlungsunfähigkeit des Fußball-Clubs erkannt zu haben.

Hannes Kartnig

APA/Markus Leodolter

Hannes Kartnig nach der Urteilsverkündung

Urteile sind nicht rechtskräftig

Nach der Urteilsverkündung folgte die Urteilsbegründung des Richters. Sie dauerte mehrere Stunden an. Während der Ausführungen des Richters schüttelten Hannes Kartnig und einige andere Mitangeklagte mehrmals ihre Köpfe, allerdings nahmen sie die Begründungen des Richter schweigend zur Kenntnis. Kartnig habe einen Personalaufwand betrieben, der in keinem Verhältnis zur wirtschaftlichen Lage des Vereins gestanden sei, so Richter Buchgraber. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.

Berufung und Nichtigkeitsbeschwerde eingelegt

Kartnig selbst gab nach der Urteilsverkündung und -begründung keinen Kommentar ab. Dafür äußerten sich seine Verteidiger, Richard Soyer und Michael Pacher. Soyer meinte, dass die Strafe in der Härte völlig untypisch sei, das Verfahren unfair und wohl ein Exempel statuieren sollte: „Ein Staatsanwalt, der befangen ist, ein Gericht, das Privatgutachten nicht zulässt, wesentliche Beweisanträge der Verteidigung, denen nicht statt gegeben wurde, eine fehlerhafte Beweiswürdigung - wir sind noch nicht am Ende des Abends angelangt. Wir werden uns natürlich an den Obersten Gerichtshof wenden.“

Ähnliche Worte fand auch Pacher. Die Steuerfragen seien vom Finanzamt bisher nicht beantwortet. Das Urteil sei völlig unbefriedigend: „Dieses Urteil kann nicht rechtskräftig werden. Wir sind sehr optimistisch, dass wir mit dem Rechtsmittel Erfolg haben. Wir sind guter Puste und guter Kondition und guter Hoffnung, dass wir gut ins Ziel kommen.“ Die beiden Verteidiger legten Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung ein. Beschwerde wollen die Anwälte von Hannes Kartnig auch gegen die Entscheidung einlegen, dass das Gericht Kartnig das Tragen einer Fußfessel verwehrt – und zwar wegen der Schwere des Delikts. Die sieben anderen Angeklagten baten um drei Tage Bedenkzeit. Auch der Staatsanwalt legte Berufung ein.

Mit besonderem Interesse haben auch die Sturm-Spieler den Prozess und die Urteilsverkündung mitverfolgt. Was sagen sie zum Urteil?

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Kein Prozess dauerte so lange

Es gab bisher keinen Strafprozess, in dem die Urteilsverkündung öfter verschoben wurde. Zu Beginn des Prozesses, im März des Vorjahres, war man davon ausgegangen, alles bis Sommer unter Dach und Fach zu haben. Doch daraus wurde nichts - Termine für September wurden bekanntgegeben, dann für Oktober.

Prozess mehrmals vertagt

Im Herbst wurde wieder vertagt, weil die Anwälte einen Austausch des Staatsanwaltes wollten, was aber nicht passierte - mehr dazu in Kartnig-Prozess: Staatsanwalt bleibt (22.9.2011). Es wurde November, und schließlich sollte es im Dezember ein Urteil geben.

Dann kam die Verteidigung auf die Idee, Franz Stronach als Zeugen vorzuladen, der Richter stimmte zu. Wieder erfolgte eine Vertagung, diesmal auf Februar. Stronach erschien planmäßig – mehr dazu in Kartnig-Prozess: Stronach als Zeuge (1.2.2011).

Mitten in den Plädoyers - mehr dazu in Staatsanwalt: „Verein geführt wie Roulette gespielt" (9.2.2011) sowie in Verteidiger: „Kirche im Dorf lassen“ (9.2.2011) - gab es Unstimmigkeiten über die Schwarzgeldzahlungen, also wurde wieder eine Woche aufgeschoben – mehr dazu in Kartnig-Prozess: Wieder Verzögerung (9.2.2011).

Günther Bauer hat eine Chronologie des Prozesses zusammengestellt:

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Kartnig: „Dem Volk viel Freude bereitet“

In seinen Schlussworten ließ Hannes Kartnig am Freitag nochmals die goldenen Zeiten von Sturm Graz Revue passieren: „Es sind viele Fehler passiert, aber wir haben auch dem Volk viel Freude bereitet“, so der Ex-Präsident des Clubs. Er gab zu bedenken, dass sich „Millionen Menschen mit uns gefreut haben“. Außerdem sei man auch „großartiger Steuerzahler, nicht nur Hinterzieher“ gewesen. Zur Steuerhinterziehung habe er sich immer schuldig bekannt, „aber ich habe nie jemanden betrogen“, so der Angeklagte.