Intelligente Bienen als Vorbilder für Roboter

Als Schwarm können Bienen Aufgaben lösen, die für die meisten Tiere alleine zu schwierig sind. Dafür reichen einfache Fähigkeiten, die man auch Robotern leicht beibringen kann, wie Forscher der Uni Graz jetzt herausfanden.

Die Wissenschaftler stellten in einem vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten Projekt die Verhältnisse im Brutnest eines Bienenstocks nach und beobachteten, ob es junge Honigbienen einzeln oder in der Gruppe schaffen, sich an den Plätzen mit der optimalen Temperatur aufzuhalten.

Richtige Raumtemperatur wichtig für Entwicklung

Für die Entwicklung junger Bienen, die noch nicht fliegen und ihren Körper nicht selbst aufheizen können, ist es wichtig, es wohlig warm zu haben, so Projekt-Leiter Thomas Schmickl vom Artificial Life Lab des Instituts für Zoologie der Universität Graz.

Doch selbst in der von den Ammen gut beheizten Brutkammer, in der sie noch ein bis zwei Tage mit dem Putzen ihrer Brutnester für die nächste Generation beschäftigt sind, gibt es neben Bereichen mit optimaler Temperatur auch kühlere Plätze - hier müssen die jungen Bienen bei dunklen und nicht gerade unterbevölkerten Verhältnissen den Ort mit der optimalen Temperatur finden.

In der Gruppe erfolgreich

Mit einer runden Arena aus Wachs, Heizlampen und 64 Temperaturfühlern stellte Schmickl die Verhältnisse in der Brutkammer nach und filmte das Verhalten der Bienen. Zu seiner Überraschung haben es nur wenige Bienen alleine geschafft, zum Ziel zu marschieren - neun von zehn spazierten zufällig herum, liefen an der Wand entlang oder blieben einfach sitzen.

„Gaben wir aber viele Bienen gemeinsam in die Arena, wuselten auch sie herum, aber nach fünf Minuten sammelten sie sich im Ziel: dem optimalen Bereich mit 36 Grad Celsius. Das war für uns Schwarmforscher interessant, weil die große Gruppe offensichtlich etwas kann, das einzelne Bienen nicht können“, so Schmickl.

Begegnungen entscheidend

Die Forscher fanden heraus, dass die Begegnungen der Tiere entscheidend sind: Treffen einander zwei Jungbienen, bleiben sie für einen Augenblick stehen; dieser Augenblick wird umso länger, je näher sich der Treffpunkt am optimalen Temperaturbereich befindet. Dieser einfache Mechanismus alleine kann das schwarmintelligente Verhalten hervorbringen, so Schmickl.

Bienenschwarm

APA/DPA Stefan Sauer

Die richtige Raumtemperatur beeinflusst optimales Verhalten

Roboter temperaturorientiert programmiert

Mit einem mathematischen Algorithmus namens „BEECLUST“ simulierten die Forscher das Verhalten der Bienen. Sie programmierten Roboter so, dass diese ziellos in einer Arena herumfahren. Wenn diese „Thermobots“ einen „Artgenossen“ treffen, messen sie die Temperatur und bleiben stehen - und zwar umso länger, je näher die Temperatur beim einprogrammierten Optimum lag. Wie die Bienen fand sich der Roboterschwarm bald in der optimalen Region wieder.

Sowohl Bienen- als auch Roboterschwärme können dabei zwischen optimalen Bereichen und nicht ganz so guten Gebieten unterscheiden, so Schmickl. Schaltet man die Lampe am 36 Grad Celsius warmen Ort ab, entscheidet sich der Schwarm für die zweitbeste Lösung und findet sich an einem anderen Platz mit 33 Grad Celsius wieder, den er vorher einfach ignoriert hat.

Gruppe fällt Entscheidungen

„Damit haben wir ein sehr einfaches Modell, mit dem wir die Entstehung von verstandesmäßigen Entscheidungen beobachten können. Die einzelnen Akteure handeln nicht kognitiv, doch in der Gruppe erscheint dann etwas, das man als Ansatz von Kognition sehen könnte", so Schmickl.

Roboter

Uni-Graz Artificial Life Laboratory

Mit Hilfe von Robotern will man das Verhalten von Bienenschwärmen erforschen

U-Boote kommunizieren unter Wasser

Der Algorithmus „BEECLUST“ sei auch in dem mit 3,7 Millionen Euro dotierten EU-Projekt „Collective Cognitive Robots“, das die Grazer Wissenschaftler derzeit koordinieren, sehr wertvoll, so Schmickl - hier baut ein internationales Forscherteam einen U-Boot-Schwarm. Weil die Kommunikation unter Wasser extrem schwierig ist, sei der kommunikationsfreie Algorithmus aus dem Bienen-Projekt besonders nützlich.

Bienen und Roboter als Artgenossen

Im Rahmen eines weiteren FWF-Projekts will Schmickl das Verhalten der Bienen so gut mit Robotern simulieren, dass die Bienen sie als Artgenossen anerkennen. Dann könnte man mit den Robotern den Schwarm von innen heraus beobachten und manipulieren, und so neue Erkenntnisse über die Informationsverarbeitung im Bienenschwarm gewinnen.

Link: