Joanneumsviertel: Pakesch zieht Bilanz

Vor einem halben Jahr ist das Grazer Joanneumsviertel eröffnet und damit die Neuaufstellung aller Häuser des Universalmuseums abgeschlossen worden. Die Umstrukturierungen hätten sein Team motivierter gemacht, so Intendant Peter Pakesch, der auch einen Ausblick macht.

Direktor Wolfgang Muchitsch und Intendant Pakesch strukturierten das Universalmuseum Joanneum, das größte Museum Mitteleuropas – nicht ohne Widerspruch – völlig neu und mussten auch strikte Sparauflagen meistern. Motivierter und jünger sei das Team nun, so Pakesch, und das schlage sich auch in den Besucherzahlen nieder: „Das Joanneumsviertel wird sehr gut angenommen. Wir liegen bei den Besucherzahlen über dem, was wir prognostiziert hatten.“

Mehr Leben für das Joanneumsviertel

So hätten im neuen Jahr mehr Menschen das Joanneumsviertel besucht als das Kunsthaus. Pakesch glaubt, dass sich dieser Trend fortsetzen wird. Zudem werde sich das Joanneumsviertel künftig noch stärker beleben, glaubt der Intendant, nicht nur durch das geplante Restaurant: „Es gibt Kooperationen mit La Strada und anderen. Wir sind dabei, den Platz stärker zu möblieren und dem innerstädtischen Publikum auch eine Ruhezone anzubieten, die es sonst in der Form in der Stadt nicht gibt.“

Universalmuseum Joanneum

APA/UMJ/N. Lackner

Konzentration auf Joanneumsviertel und Kunsthaus

Der Wermutstropfen der durchgeführten Einsparungen des vergangenen Jahres sei gewesen, dass man in kleineren Häusern Sonderausstellungen verlängern musste. Man habe sich aber dazu entschlossen, die Schwerpunkte im Joanneumsviertel und im Kunsthaus zu setzen: „Im Kunsthaus ist es wegen der Verpflichtung der Stadt gegenüber, dass wir die neuen Ausstellungen machen, nachdem wir keine Sammlung direkt im Kunsthaus haben. Ein Programmpunkt wird unsere Medienkunstsammlung sein, in der wir in einem Hybrid zwischen permanenter Sammlungsausstellung und kleinen Wechselausstellungen der Geschichte der Medienkunst in der Steiermark nachgehen werden – also ein neuer Ausstellungstyp.“

Steirische Ausstellungen in ganz Europa

Ein großes Anliegen sei ihm, dass Ausstellungen, die im Kunsthaus gut angenommen werden, auch von anderen Häusern international übernommen werden. „Wir bauen unter anderem mit Museen in Warschau, Barcelona, Antwerpen, Dublin und Lichtenstein ein europäisches Netzwerk mittlerer Museen auf, um diesen Austausch von Ausstellungen und Sammlungen zu erleichtern, gemeinsam Forschungsprojekte zu machen und an den Standards von Vermittlung und Werbung zu arbeiten. Das wird ein sehr gutes Vehikel sein, um unser Programm noch stärker zu internationalisieren und mit weniger Mitteln mehr erreichen zu können“, glaubt Pakesch. So gebe es etwa an der Maria-Lassnig-Ausstellung, die für Herbst in Graz geplant ist, großes Interesse von Seiten anderer Museen.

Der Strettweger Wagen in London

Derzeit sind auch Exponate aus dem Zeughaus in Japan zu sehen - mehr dazu in Joanneum zeigt Zeughaus-Objekte in Osaka (26.3.2012) - und zwei bedeutende Stücke des Universalmuseums werden unter anderem auch in London zu sehen sein: der Strettweger Wagen, ein bronzener Kultwagen aus der Zeit um 600 v. Chr. und der nackte Krieger, eine Renaissance Skulptur.

„Die Royal Academy in London macht eine große Ausstellung zum Thema Bronzeskulptur und will die wichtigsten Bronzeskulpturen der gesamten Menschheitsgeschichte zusammenbringen. Es wird eine kleine archäologische Sensation geben: Der Strettweger Wagen wird gemeinsam mit zwei ähnlichen Wagen aus Europa zu sehen sein. Das ist für die Wissenschaft etwas ganz Besonderes. Ich erwarte mir dadurch, dass der Strettweger Wagen auch einem breiten, internationalen Publikum bekannter wird und damit ein stärkeres und neues Licht auf unsere Archäologie wirft“, so Pakesch.

In der Kulturhauptstadt Maribor 2012 ist übrigens ab Donnerstag unter dem Titel „Ans Licht gebracht“ das archäologische Erbe der Stajerska aus dem Universalmuseum zu sehen.

Museen als Themenführer

Der Intendant erwartet, dass sich der internationale Trend Museen betreffend auch in der Steiermark fortsetzen wird: „Aufgrund des Nachlassens mancher anderer Bereiche des öffentlichen Sektors werden Museen viel stärker ein Ort der Auseinandersetzung. Das Museum ist ein zivilgesellschaftlicher Akteur geworden, der über das Sammeln, Bewahren und Forschen hinaus agiert und Bewusstsein in die Gesellschaft bringt und Themenführerschaft übernimmt. Das ist auch unser Ziel für die Steiermark, dass wir hier eine der ersten Adressen sind.“

Eine der Aufgaben seines Teams sieht Pakesch auch darin, sich Gedanken zu machen, wie das Universalmuseum in zehn Jahren aussehen könnte: "Wolfgang Muchitsch und ich haben die Chance gehabt, eine jüngere Generation in den Sammlungen nach vorne zu bringen. Jetzt muss man diese Generation vorbereiten, noch einmal eine Stufe weiterzusehen. Es geht darum, die Rolle des privaten Engagements zu hinterfragen, das bei uns leider noch immer nicht in dem Ausmaß zu finden ist, wie in anderen europäischen Ländern, ganz zu schweigen von Amerika. Denn der Staat muss sich immer stärker rechtfertigen für seine Ausgaben.“

Link: