Graz: Nagl lässt Koalition mit Grünen platzen

Der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) hat am Mittwoch die Koalition mit den Grünen aufgekündigt. Den Ausschlag für das Aus für Schwarz-Grün gaben letztlich die Differenzen über eine Bürgerbefragung zur Bebauung der Reininghausgründe.

Eigentlich war die Bürgerbefragung zu den Reininghausgründen für Ende Juni angesetzt. Dabei sollten die Grazer darüber abstimmen, ob die Stadt das Millionenprojekt Reininghausgründe - ein neues Stadtviertel unter ökologisch-wirtschaftlichem Gesichtspunkt - selbstständig in Angriff nehmen soll - mehr dazu auch in Bürgerbefragung zu Reininghausgründen (15.5.2012).

Grüne: Befragung erst im Herbst

Am Mittwoch allerdings stiegen zunächst die Grünen demonstrativ auf die Bremse: Generell würde es bei der grünen Zustimmung zu dem Millionenprojekt bleiben, allerdings wolle man sich bei der Ausformulieren der Bürgerbefragung die notwendige Zeit lassen - mehr dazu in Koalitionskrach um Reininghaus-Befragung.

Siegfried Nagl

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Eine Neuauflage von Schwarz-Grün nach der Gemeinderatswahl im Jänner schloss Nagl dezidiert aus

Nagl: Grüne sorgen für Stillstand

Dass im Grazer Rathaus dicke Luft herrscht, war da schon klar. Bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz ließ Nagl dann die Bombe platzen: Er werde die Koalition mit den Grünen aufkündigen.

Was für Beobachter plötzlich kommt, scheint sich für Nagl bereits länger abgezeichnet zu haben: „Ich glaube nicht, dass das plötzlich ist. Ich habe den Grünen am Mittwoch mitgeteilt, dass ich es für besser erachte, künftig getrennte Wege zu gehen. Das ist nicht von heute auf morgen geschehen. Es gibt sehr, sehr viele Themen, die wir als Koalition abgearbeitet haben, aber auch sehr wichtige, wo ich Blockade spüre, die ganze Zeit ein Verzögern, und das darf und werde ich nicht zulassen.“

Damit spielt Nagl auf den fehlenden Konsens beim Mur-Kraftwerk in Puntigam, in Wirtschaftsfragen und bei der Frage nach mehr direkter Demokratie an.

Koalitionsfreier Raum bis zur Wahl im Jänner

Für das verbleibende halbe Jahr bis zur Gemeindesratswahl im Jänner 2013 stellt sich der Grazer Bürgermeister einen koalitionsfreien Raum vor - die Grünen bleiben demnach in der Regierung, Lisa Rücker auch Vizebürgermeisterin, allerdings werde sich die ÖVP in wichtigen Themen - Reininghausgründe und Umweltzone - neue strategische Partner suchen müssen.

Ganz oben auf dieser Liste steht die SPÖ. Hier habe es in den vergangenen Tagen bereits Annäherungsgespräche gegeben, so Nagl: „Ich habe am Mittwoch mit der Parteivorsitzenden und dem Klubobmann Gespräche geführt, und sie haben mir signalisiert, dass wir es gemeinsam schaffen wollen, die Bürger bis nächste Woche bei diesen wichtigen Themen zu befragen.“

Nagl: „Ich verstehe die Grünen nicht“

So gehe es etwa bei den Reininghausgründen um 10.000 Arbeitsplätze und 12.000 Wohnungen. „Ich will dieses schwarze Modell der Bürgerbefragung endlich leben und verstehe die Grünen überhaupt nicht, wieso sie da dauernd blockieren“, erklärte ein sichtlich verstimmter Bürgermeister nach der offiziellen Pressekonferenz.

Dennoch seien in den vergangenen Jahren der Zusammenarbeit viele Dinge mit den Grünen möglich gewesen, die mit keiner anderen Fraktion funktioniert hätten, bilanzierte Nagl. Eine Neuauflage von Schwarz-Grün nach der Gemeinderatswahl im Jänner schloss Nagl dezidiert aus.

Rücker: „Nagl hat Nerven weggeworfen“

„Der Bürgermeister hat schlichtweg die Nerven weggeworfen“, fiel die erste Reaktion der Grazer Grünen aus. Rücker spricht in einer Aussendung von „parteiinterner Zerrissenheit“ der ÖVP und dass Nagl den vielen Einflüsterern nicht Stand gehalten habe.

Lisa Rücker

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Rücker spricht von wahlkampftaktischem Schritt Nagls

Für die Menschen in dieser Stadt sei das ein Rückschritt, so Rücker. Der Vorwurf, mit den Grünen sei keine direkte Demokratie zu machen, sei fadenscheinig und lediglich ein Vorwand für eine ausschließlich wahltaktische Entscheidung der ÖVP.

„Wir haben immer betont, dass wir für die Befragung zum Ankauf von Reininghaus sind und uns konstruktiv und in vielen Stunden Arbeit dafür eingesetzt, dass die Befragung seriös und objektiv vorbereitet wird“, erklärte Rücker; der Zeitdruck, den die ÖVP aufbaue, sei unbegründet und gehe zu Lasten der Qualität Ernst gemeinter Bürgerbeteiligung.

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