Grazer Bürgerbefragung war gesetzeswidrig

Nun ist es amtlich: Die Grazer Onlinebürgerbefragung im letzten Jahr ist gesetzeswidrig gewesen - so der Bescheid der Datenschutzkommission. Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) will trotzdem am Ergebnis festhalten.

Im vergangenen Jahr führte die Stadt Graz eine Bürgerbefragung über den Verkauf der Reininghausgründe und eine mögliche Umweltzone in der Innenstadt durch - mehr dazu auch in Bürgerbefragung in Graz startet (28. Juni 2012) und in Bürgerbefragung zu Reininghausgründen (15. Mai 2012). Das Ergebnis brachte zweimal ein Nein - mehr dazu in Grazer Bürgerbefragung: Zweimal Nein (17. Juli 2012).

Grazer wandte sich an Datenschutzkommission

Bereits letzten Sommer wurden einige Stimmen laut, die sich über den unzureichenden Datenschutz bei der Abstimmung per Post oder Internet beschwerten: Dort musste nämlich jeweils das eigene Geburtsdatum angegeben werden - mehr dazu in Datenschutz: Bürgerbefragung „schäbig“ (29. Juni 2012). Zu Beginn des heurigen Jahres gab die Datenschutzkommission dann nach Einlangen einer Beschwerde bekannt, dass die Bürgerbefragung rechtswidrig gewesen sein könnte - mehr dazu in Grazer Bürgerbefragung schafft Rechtsprobleme (3. Jänner 2013).

Stadt Graz kann nicht berufen

Nach einer Überprüfung durch die Datenschutzkommission steht nun fest, dass eine Onlinestimmabgabe bei Bürgerbefragungen unzulässig ist. Der Stadt sind nun die Hände gebunden: Da sie keine Parteistellung hat, kann sie auch nicht gegen den Bescheid berufen: „Dieser Bescheid der Datenschutzkommission, der sitzt. Leider haben wir nicht die Möglichkeit, dagegen zu berufen. Aus diesem Grund ist der direkten Demokratie der Weg versperrt“, so Bürgermeister Nagl in einer ersten Reaktion. Der Initiator der Beschwerde, der Grazer Wolfgang Pöltl, allerdings widerspricht hier Nagl: In Sachen direkter Demokratie gebe es demnach auch das Mittel der Volksbefragung.

Bürgerbefragung Graz

ORF

Die Grazer Bürgerbefragung war gesetzeswidrig

Gesetz sieht kein Onlinevotum vor

Grund für die Unzulässigkeit der Onlinestimmabgabe ist das Volksrechtegesetz aus den 60er Jahren: Es sieht - historisch erklärbar - ein Onlinevotum schlicht und einfach nicht vor. Nagl appelliert nun an den Landtag, das Gesetz entsprechend zu ändern: „Da müsste aufseiten der Landesregierung jemand beherzt dieses Paket endlich aufgreifen und sagen, wollen wir das, oder wollen wir das nicht. Wollen wir noch immer mit einem Volksrechtegesetz aus dem vergangenen Jahrhundert mit den Bürgern weiter so kommunizieren? Ich sage, es ist falsch, die Bürger wollen sich beteiligen.“

Demokratiepaket nach Schweizer Vorbild

Nagls zweite Hoffnung liegt auf dem Demokratiepaket, über welches bereits seit geraumer Zeit auf Bundesebene verhandelt wird. Sollte es durchgehen, wäre auch eine Stimmabgabe ohne persönlichen Urnengang möglich. „Bleibt also nur der Weg über die Gesetzgebung. Das heißt, ich werde mich sehr intensiv ans Land und an den Bund wenden“, so Nagl, der diese Änderung rasch herbeiführen möchte.

Vor Augen hat er das Schweizer Modell: „Wir haben gesehen, wenn du auch elektronisch abstimmen kannst, dann nehmen das sehr viele Menschen ernst. Ich würde mir wünschen, dass wir es in puncto direkter Demokratie schaffen, den Schweizern endlich nachzukommen“, so der Bürgermeister, der trotz der erwiesenen Gesetzeswidrigkeit am Ergebnis der Bürgerbefragung festhalten will.