Mordprozess in Graz: Lebenslange Haft

Weil er seine Lebensgefährtin erwürgt haben soll, ist am Mittwoch ein 39-Jähriger in Graz vor Gericht gestanden. Er hatte zunächst gestanden, doch vor den Geschworenen bekannte er sich nicht schuldig. Das nicht rechtskräftige Urteil: lebenslange Haft.

Schon vor der Tat soll es laut Zeugen öfter zum Streit zwischen dem späteren Opfer und seinem Lebensgefährten - sie lebten seit 2005 zusammen in Frohnleiten bei Graz - gekommen sein. Dabei ging es hauptsächlich um Geld. Der Angeklagte gilt als spielsüchtig und versetzte immer wieder Schmuck und Münzen seiner Lebensgefährtin in Pfandhäusern. Um ähnliche Angriffe auf ihre Wertsachen zu verhindern, besorgte sich die 55-Jährige Tresore, zu denen der gebürtige Tschetschene keinen Zugang mehr hatte.

Streit artete aus

In den Tagen vor dem Mord hatte der Angeklagte mehrere Tausend Euro verspielt, weshalb es wieder zu Streit kam; die Frau konnte zu dem Zeitpunkt wegen starken Übergewichts und einer Hüftoperation nur mit Mühe gehen.

Als der 39-Jährige in den Abendstunden des 13. Jänner Geld zum Spielen holen wollte, artete die Auseinandersetzung aus: Laut Anklage würgte der Beschuldigte seine 55-jährige Lebensgefährtin und schlug dann ihren Kopf gegen die Bettkante. Am Ende habe er ihr Gesicht so lange auf die Matratze gedrückt, bis die Frau erstickte. Zu diesem Schluss kam das gerichtsmedizinische Gutachten - mehr dazu in Mord in Frohnleiten: Streit wegen Spielsucht (16.1.2014).

Mordprozess in Graz

Foto S. Ullrich - Frohnleiten

Der 39-Jährige fühlt sich nicht schuldig

Geständnis am Tag danach

Nach der Tat dürfte der 39-Jährige die Tresore geplündert haben und nach Wien zu seiner Schwester geflüchtet sein. Am Tag danach kam er nach Graz zurück und stellte sich der Polizei. Der Angeklagte zeigte sich damals grundsätzlich geständig, an den genauen Hergang wollte er sich aber nicht erinnern können. Seither ist der Mann in Untersuchungshaft.

„Tod infolge ihrer Vorerkrankungen“

Bei der Verhandlung am Mittwoch plädierte die Verteidigung nun auf „Tod infolge ihrer Vorerkrankungen“: „Er hat sie nicht getötet, er ist kein Mörder und hat ihr nie Geld oder Schmuck gestohlen oder diesen versetzt“, so die Verteidigerin, die Vorwürfe der Staatsanwältin sollten bei den Geschworenen „nur negative Stimmung erzeugen“. Das medizinische Gutachten sei ohne Einbeziehung der Krankengeschichte der Frau erstellt worden: „Sie war schwer krank, in ärztlicher Behandlung und hatte schwere Medikamente verschrieben bekommen.“

„Keine Anzeichen eines natürlichen Todes“

Für den medizinischen Sachverständigen Eduard Peter Leinzinger bestand aber auch bei seiner Einvernahme am Mittwoch kein Zweifel an gewaltsamen Handlungen als Todesursache: Er sprach von „lehrbuchmäßigen“ Würgemalen am Hals, Blutergüssen infolge von Faustschlägen, einem frisch abgebrochenen Schneidezahn, massiven Blutungen durch eine starke Streckung des Kopfes nach hinten und einem heftigen Stoß gegen die Bettkante, dessen Folgen an der Stirn zu sehen waren. „Klare Todesursache“ sei für ihn der Erstickungstod: „Es gibt keine Anzeichen eines natürlichen Todes, trotzdem haben wir die Organe geprüft, dabei aber keine Hinweise auf schwere Erkrankungen gefunden.“

Obwohl der Mediziner von einem „typischen und klaren Fall“ sprach, blieb die Verteidigerin hartnäckig, zitierte aus rund einem Dutzend Fachbüchern anderer Mediziner und stellte die Geduld des Sachverständigen sowie aller Anwesenden auf die Probe. Mehrfach wies Leinzinger auf die eindeutige Summe aller Merkmale eines gewaltsamen Todes hin, bis dem Richter der Kragen platzte: Er ermahnte die Verteidigerin für ihre „Unverschämtheiten“ und den „respektlosen Umgang mit dem Schwurgerichtshof“.

„Aus, Pause“

Das hinderte sie aber nicht daran, weiter an den Ausführungen des Mediziners zu zweifeln. Letztlich wurde auch dieser laut und meinte: „Jetzt will ich echt keinen Leseunterricht geben.“ Am Ende wiederholte er seine Ausführungen auf die Fragen der Anwältin nur noch und schloss mit „Aus, Pause“.

Kein Suizidversuch: „Mir ist nur schlecht geworden“

Der Tschetschene selbst fühlte sich auf die Frage des vorsitzenden Richters nicht des Mordes schuldig, auch einen Selbstmordversuch, aufgrund dessen der ursprünglichen Prozesstermins im August abgesagt worden war, stritt er am Mittwoch ab: „Mir ist nur schlecht geworden.“ Die Schnitte an den Händen seien „Zeichen dafür, wie lange er schon im Gefängnis“ ist. „Glauben Sie, zu Unrecht in Untersuchungshaft zu sein?“ - „Ich weiß es nicht“, antwortete der 39-Jährige - mehr dazu in Suizidversuch vor Mordprozess (4.8.2014).

„Nur ein paar Sekunden“ am Hals gehalten

Der Tschetschene gab zu, dass es in der Nacht auf den 14. Jänner Streit mit seiner Lebensgefährtin gab - er habe sein eigenes Geld holen wollen, aber dann sei das Opfer rabiat geworden: „Sie wollte mich schlagen, ich habe sie mit einer Hand am Hals zurückgehalten, plötzlich wurde sie bewusstlos“, schilderte der Beschuldigte - nur ein „paar Sekunden“ will er sie am Hals gehalten haben, dann sei sie neben dem Bett zu Boden gefallen. Anschließend will sie der Angeklagte ins Bett gehoben haben, obwohl er an einem Bandscheibenvorfall litt. „Wie bringen sie 135 Kilogramm ins Bett hinein?“ wollte der Sachverständige wissen. „Ich weiß es nicht“, antwortete der Tschetschene.

Lebenslange Freiheitsstrafe

Der 39-Jährige wurde schließlich von den acht Geschworenen einstimmig des Mordes an seiner Lebensgefährtin für schuldig befunden - das Gericht verurteilte den Mann zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Die Verteidigung kündigte nach kurzer Rücksprache mit dem Beschuldigten Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an, das Urteil ist somit nicht rechtskräftig.