Tödlicher Zugsunfall: Keine Streckenfreigabe

Bei einem Zusammenstoß zweier Personenzüge ist am Mittwoch nördlich von Graz ein Lokführer getötet worden, acht weitere Personen wurden verletzt. Der getötete Lokführer dürfte keine Streckenfreigabe gehabt haben.

Der Unfall ereignete sich gegen 10.15 Uhr etwa 100 Meter nach der Haltestelle Waldstein bei Übelbach (Bezirk Graz-Umgebung) in Richtung Deutschfeistritz in einem kleinen, schwer zugänglichen Waldstück: Auf dem eingleisigen Streckenabschnitt stießen zwei Züge der Steiermärkischen Landesbahnen frontal zusammen.

Karte zeigt den Unglücksort Waldstein zwischen Deutschfeistritz und Übelbach

basemap.at; ORF.at (Montage)

Den Rettungskräften habe sich ein erschreckendes Bild geboten, sagte Bezirksfeuerwehrkommandant Gerhard Sampt: „Es war ein sehr erschreckendes Bild: Passagiere sind im Inneren des Zuges schwer verletzt herumgelegen, und nach der ersten Erkundung haben wir dann den eingeklemmten Lokführer gefunden, der zu diesem Zeitpunkt nicht ansprechbar war.“ Der Lokführer erlag wenig später seinen Verletzungen, bestätigte Helmut Wittmann, der Geschäftsführer der Steiermärkischen Landesbahnen, am Unglücksort: „Wir haben einen Mitarbeiter verloren.“

Fuhr Strecke mehrmals täglich

Bei dem getöteten Lokführer handelt es sich um einen jungen Mann aus der Region. Er sei die Strecke mehrmals täglich gefahren, so Wittmann, der sich tief betroffen zeigte: „So etwas will sich ein Geschäftsführer nur in seinen ärgsten Alpträumen vorstellen.“

Acht Verletzte

Außerdem wurden acht weitere Personen - darunter zwei Kinder - verletzt: Eine 60-Jährige befindet sich in Lebensgefahr und wurde wie der zweite Lokführer - er erlitt laut ÖAMTC „nicht allzu schwere Verletzungen“ - ins Spital geflogen.

Als Unfallursache wird menschliches Versagen angenommen. Der verunglückte Lokführer dürfte ersten Vermutungen zufolge nicht auf den Gegenzug gewartet haben. Laut Geschäftsführer Wittmann wird die regionale Strecke an der Unfallstelle eingleisig geführt, ein Kreuzungsbereich zum Ausweichen schließt an. Die Sicherung der Stelle wird von einem Fahrdienstleiter in Weiz übernommen, der per Telefon die Freigabe für einen der beiden Lokführer gibt, während der andere zu warten hat. Im vorliegenden Fall hätte der Zug Richtung Deutschfesitritz offenbar in der Haltestelle Waldstein bleiben müssen.

Nicht sehr schnell unterwegs

Ein Fahrgast habe Wittmann erzählt, dass noch jemand an der Haltestelle zugestiegen sei, dann setzte sich die Garnitur in Bewegung. Etwa 70 bis 100 Meter nach der Haltestelle kam es zur Kollision, der Zug könnte daher noch nicht schnell unterwegs gewesen sein. Der Gegenzug fuhr mit maximal 50 km/h - eine höhere Geschwindigkeit ist an der Stelle nicht erlaubt.

Laut Wittmann begegnen sich die beiden Züge auf der Strecke nur ein-, zweimal pro Tag, im Schnitt verkehrt pro Stunde ein Zug durch Waldstein. Rund 800 Personen fahren täglich auf der Strecke. Für die Sicherung der Lokalbahn ist die telefonische Freigabe ohne Lichtanlage rein rechtlich ausreichend. Kommt kein Anruf oder gibt es Zweifel, müssten die Lokführer in jedem Fall warten, betonte der Landesbahnen-Chef.

Alle Gespräche zwischen Fahrdienstleiter und Lokführer werden aufgezeichnet, müssten aber erst ausgewertet werden. Ersten Angaben des Fahrdienstleiters zufolge war bis zur Kollision alles planmäßig verlaufen. Das Landeskriminalamt Steiermark nahm Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung gegen unbekannt auf.