Missstände bei Kinder- und Jugendhilfe

In der Arbeit der Kinder- und Jugendhilfe (früher Jugendwohlfahrt) in Österreich passieren Menschenrechtsverletzungen. Diesen schweren Vorwurf erheben nicht nur Eltern, sondern auch die Volksanwaltschaft. Bei einer Tagung in Graz wollen Experten Lösungen finden.

Die Menschenrechtsverletzungen passieren, obwohl viele engagierte Sozialarbeiterinnen in der Kinder- und Jugendhilfe arbeiten, sagt die Kinderrechts-Expertin der Volksanwaltschaft Elke Sarto. Ein besonders drastischer Fall sei ihr bekannt, bei dem einer 15-jährigen Mutter, deren Obsorge die Kinder- und Jugendhilfe hat, das Kind nach der Geburt abgenommen wurde, obwohl die Ärzte eine liebevolle Betreuung durch die junge Mutter bemerkten und der Meinung waren, sie habe eine Chance verdient. Die Kinder und Jugendhilfe lehnte allerdings ab.

Unzureichendes Gutachten

Die junge Mutter galt als schwierig aber es gab nur ein Gutachten über die Nicht-Erziehungsfähigkeit der Großmutter, so Sarto. Ein Arzt habe sogar eine Mutter-Kind-Einrichtung für die 15-Jährige gesucht.

Es wird kein Antrag bei Gericht gestellt sondern die Kinder- und Jugendhilfe sowie das Land seien der Meinung, man habe ohnehin die Obsorge für die Minderjährige. Dadurch konnte die 15-jährige auch keinen Einspruch gegen die Kindeswegnahme einbringen.

Zu wenig Hilfe für betroffene Eltern

Zugleich berichtet Sarto von Kinderheimen und Wohngemeinschaften, in denen es häufig sexuelle und gewalttätige Übergriffe durch Jugendliche gibt - allerdings zu wenig Betreuungspersonal. Eine Alternative zur Unterbringung in Heimen oder bei Pflegeeltern wäre, die leiblichen Eltern - etwa durch Erziehungshilfen - rechtzeitig zu unterstützen. Oftmals würden hilfesuchende Eltern aber ohne Begründung abgewiesen, berichtet der Sozialjurist und Ex-Jugendamtschef Johann Aftenberger. Als Gründe würden oft Einsparungsmaßnahmen genannt.

Falsche Therapien und Lösungen

Sobald jemand die Gefährdung eines Kindes meldet, würden Betreuer und Therapien vorgeschrieben, ohne auf die Wünsche der Familien einzugehen, kritisiert der in der Steiermark tätige deutsche Erziehungswissenschafter Reinhart Wolff. "Ich glaube hier - unter uns - würde keiner als Vater und Mutter einen Vertrag unterschreiben, auf dem „Kontrollvertrag" steht. Aber wir muten das armen, konfliktbeladenen Eltern zu.“ Wolff spricht sogar von einer autoritären Aufrüstungstendenz in der Kinderhilfe. Dabei gehe es den Sozialarbeitern oft nur darum, nicht mit einem Fall von Gewalt in der Familie in der Zeitung zu stehen, so Wolff.

Eltern sollten einbezogen werden

Nötig wären Hilfe statt Druck sowie Partizipation und Einbeziehung der Eltern auf Augenhöhe, sagen die Experten.

Im Fall der 15-Jährigen und ihrem nach der Geburt weggenommenen Baby stand das Land Steiermark bis zuletzt auf dem Standpunkt, man habe alles richtig gemacht.

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