Uni Graz sucht alternatives Wahlverfahren

Was sich Wähler wünschen, können sie bei Wahlen nur mit einem Kreuzerl und eventuell noch einer Vorzugsstimme zum Ausdruck bringen. Grazer Forscher sind nun auf der Suche nach anderen, detaillierteren Wahlverfahren.

Wer heute zu Wahl geht, gibt seine Stimme zu 100 Prozent einer Partei - auch wenn er nicht zu 100 Prozent einverstanden ist, so Richard Sturn vom Institut für Finanzwissenschaft der Uni Graz bei der Präsentation des neuen Forschungsprojektes „Parallelwahl“ am Mittwoch in Graz. Interessant für die differenzierte Erfassung des „Wählerwillens“ wären allerdings die weiteren Präferenzen, wie zum Beispiel die Reihung von Alternativen - diese könnten jedoch durch ein einziges Kreuzerl nicht nachvollzogen werden.

Punkte oder Reihung denkbar, aber komplizierter

Feinere Informationen über die tatsächlichen Präferenzen würden laut Sturn beispielsweise Wahlen, bei denen für mehrere Parteien oder Kandidaten verschiedene Punktezahlen vergeben werden, liefern - das würde die Wahl allerdings auch verkomplizieren: „Versuchen sie einmal, in der Zelle bei der Punktevergabe bei acht Kandidaten genau auf 100 Punkte zu kommen“, so Sturn.

Eine andere Alternative wäre, dass der Wähler sämtliche antretende Parteien reiht: „Die theoretische Forschung hat Vor- und Nachteile verschiedener Verfahren aufgezeigt, was jedoch fehlt, sind empirische Studien“, schilderte Sturn.

Erster Versuch bei Landtagswahl

Einen ersten entsprechenden Versuch unternahmen die Grazer Forscher im Umfeld der steiermärkischen Landtagswahl Ende Mai: Im Zuge des Projekts befragte der Politologe Peter Filzmaier mit dem Institut für Strategieanalysen (ISA) in Summe 916 Wahlberechtigte online.

Diese „Exit-Poll“ habe gezeigt, dass unterschiedliche Wahlverfahren durchaus „gewisse Unterschiede“ in den Ergebnissen gebracht hätten. Differenziertere Abfragen - nach Punkten oder mit einer Reihung mehrerer Alternativen - hätten stark polarisierende Parteien weniger gute Ergebnisse gebracht, „einfache Abfragen fördern hingegen polarisierende Parteien“, so Filzmaier.

Noch keine „gigantischen Schlussfolgerungen“

Aufgrund der bisherigen Auswertungen ließen sich noch „keine gigantischen Schlussfolgerungen“ ziehen, betonte Sturn; nun sollen die gewonnenen Daten nach u.a. Altersgruppen, Geschlecht, beruflicher Stellung, sozialem Status und Regionen ausgewertet werden, schilderte Filzmaier die weiteren Aufgaben. Durch die Auswertung mit elaborierten mathematischen Methoden hofft man, so Sturn, „weitere belastbare Ergebnisse“ zu erhalten. Das Forschungsprojekt am Institut für Finanzwissenschaften läuft seit neun Monaten und ist auf drei Jahre angelegt.

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