Zielpunkt reißt Schirnhofer mit

Die Zielpunkt-Pleite hat nun auch das oststeirische Fleischereiunternehmen Schirnhofer mitgerissen: Am Dienstag musste der jahrelange Wurst- und Fleischlieferant von Zielpunkt Insolvenz beantragen.

Die Zielpunkt-Pleite erwischte Schirnhofer auf dem falschen Fuß: Das Unternehmen mit Sitz in Kaindorf bei Hartberg beantragte am Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung. „Die Antragstellerin ist im insolvenzrechtlichen Sinne zahlungsunfähig und überschuldet. Zur Vermeidung einer Ungleichbehandlung der Gläubiger wurden die Zahlungen eingestellt“, heißt es in dem Antrag.

276 Gläubiger und 269 Arbeitnehmer betroffen

Nach Passiva und Beschäftigten ist die Insolvenz der Schirnhofer GmbH die größte steirische Firmenpleite im heurigen Jahr: Betroffen sind 269 Mitarbeiter und 276 Gläubiger, die Überschuldung beträgt bis zu 21 Mio. Euro. Von den 269 Beschäftigten - davon 56 Angestellte, 204 Arbeiter und neun Lehrlinge - waren bereits in der Vorwoche 70 beim Frühwarnsystem des AMS zur Kündigung angemeldet worden; das Oktober-Gehalt bekamen sie noch, das November-Gehalt und das Weihnachtsgeld sind ausständig.

Schon länger in Schieflage

Auslöser ist laut den Kreditschützern von AKV, KSV und Creditreform zweifellos die Zielpunkt-Pleite, allerdings hatte es offenbar schon einige Jahre lang Probleme gegeben: Die Lieferungen an Zielpunkt machten rund 37 Prozent des Umsatzes aus.

Schirnhofer hatte seit 2008 laufend Betriebe übernommen, sodass im Konzern zu den besten Zeiten rund 1.500 Dienstnehmer beschäftigt waren. Zu den Kunden zählten und zählen unter anderem Groß- und Einzelhandelsunternehmen, Gastronomiebetriebe, Kaufhäuser und Großküchen. Der deutsche Markt wird über die Schirnhofer Deutschland Vertriebs GmbH beliefert.

Schlachthof verpachtet, Beteiligungen verkauft

Im Zuge der bereits eingeleiteten Restrukturierung war der Betrieb der Schlachthof GmbH im oststeirischen Großsteinbach Anfang des Wirtschaftsjahres 2015/2016 - das mit dem zweiten Quartal beginnt - an die Firma Steirerfleisch verpachtet. Das von Schirnhofer verarbeitete Fleisch wurde daher seit Kurzem von externen Schlachthöfen, insbesondere von Steirerfleisch, zugekauft.

Schirnhofer

APA/Erwin Scheriau

Großer Fleischerzeuger

Schirnhofer ist Österreichs größter in Familienbesitz befindlicher Fleisch- und Wursterzeuger. Gesellschafter sind die Schirnhofer Familien Unternehmen Holding GmbH zu 75 Prozent und die Schirnhofer Vermögensverwaltungs GmbH zu 25 Prozent.

Im September 2015 veräußerte man auch die Beteiligungen am Fleisch- und Wurstwarenproduzenten Aibler in Oberwaltersdorf (Niederösterreich) und am Fertiggerichtehersteller Blasko Convenience in Bruck/Mur an die Marcher Fleischwerke - allein daher hatte sich der Beschäftigtenstand im Konzern um mehrere hundert Dienstnehmer verringert.

Überregional bekannt war Schirnhofer mit der Forcierung von Produkten aus dem Almochsenfleisch („Almo“) sowie dem Shop-in-Shop-System ab 1997 in Kooperation mit Zielpunkt - hier wurden in mehr als 250 Filialbetrieben mehr als 1.200 Dienstnehmer beschäftigt. Im Jahr 2014 wurde Zielpunkt zur Gänze von der Pfeiffer-Gruppe übernommen, die wiederum eigene Feinkostabteilungen einführte, welche von Schirnhofer mit seinen Markenartikeln umfassend beliefert werden sollten. Im Zuge dieser neuen Kooperation wechselten die 788 Schirnhofer-Dienstnehmer in den Personalstand von Zielpunkt.

„Redimensionierte“ Fortführung angestrebt

Die Insolvenzgläubiger sollen eine Quote von 20 Prozent bekommen, zahlbar innerhalb von zwei Jahren vom Tag der Annahme des Sanierungsplans; eine, wie es heißt, „redimensionierte“ Fortführung wird angestrebt. Im Vorfeld war erwartet worden, dass der Fleisch- und Wurstwarenfabrikant ein Verfahren mit Eigenverwaltung beantragen würde.

Nach den Worten von Arbeits- und Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) ist noch abzuwarten, was das Gericht in Graz mit dem Insolvenzantrag mache. Beim oststeirischen Betrieb lebe aber noch das Prinzip der Hoffnung, dass eine Sanierung gelinge, so Hundstorfer am Rande des Ministerrats.

Bürgermeister: „Harter Schlag für die Region“

Von einem harten Schlag für die Region sprach der Kaindorfer Bürgermeister, Friedrich Loidl (ÖVP). Er hofft auf die Weiterführung des Betriebs. Für jene 70 Mitarbeiter, die ihren Job auf alle Fälle verlieren dürften, werde es nicht leicht sein, im Raum Hartberg wieder Arbeit zu finden: „Das ist sehr schwierig. Wir haben nach wie vor viele Leute, die nach Graz oder Wien auspendeln, weil sie in der Region keine Arbeit gefunden haben, und ich wüsste eigentlich nicht, wo man kurzfristig diese Menschen in der Region unterbringen könnte“, so Loidl.

Zielpunkt: 250 steirische Mitarbeiter betroffen

Der Antrag der Supermarktkette Zielpunkt auf Eröffnung eines Konkursverfahrens wurde Montagvormittag am Handelsgericht Wien eingereicht. In der Steiermark sind von der Zielpunkt-Pleite 250 Mitarbeiter und 27 Filialen betroffen - mehr dazu in Zielpunkt meldete Insolvenz an (news.ORF.at).

Auch Stark Holz und Autohaus Winter pleite

Am Dienstag meldeten noch zwei weitere steirische Traditionsunternehmen Insolvenz an: Die Lannacher Holzhandelsfirma Heinz Stark GmbH beantragte in Graz ebenso ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung wie das Grazer Autohaus Winter - mehr dazu in Holzhandel Stark pleite und in Die nächste Pleite: Autohaus Winter insolvent.

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