Frauentag: Die Steiermark zieht Bilanz

Sie sind Mütter, Schwestern, Töchter, Ehefrauen - und zeigen in den unterschiedlichsten Berufen, dass sie männlichen Kollegen in nichts nachstehen. Dennoch gibt es auch in der Steiermark so einige Ungerechtigkeiten.

Am Dienstag, den 8. März, ist internationaler Frauentag - ein Tag, der seit über einem Jahrhundert weltweit auf die Rechte und Stellung von Frauen aufmerksam machen soll. In Österreich gab es seither Meilensteine von der Einführung des Allgemeinen Frauenwahlrechts von 1918 über das Gleichebehandlungsgesetz aus dem Jahr 1979 bis hin zur verfassungsrechtlichen Gleichstellung der Geschlechter, die 1998 beschlossen wurde.

Am Dienstag ziehen nun weltweit Menschen eine Bilanz zum Frauentag - und die fällt auch in Steiermark nicht immer nur positiv aus. In Graz schloss sich daher bereits 1983 das „8. März Komitee“ zusammen: Jedes Jahr organisiert es verschiedenste Aktionen wie Infostände, aber auch Demonstrationen unter einem bestimmten Motto. 2016 will man „Frauenarmut verhindern und beseitigen“ - und das ist dringend notwendig.

Die größte Gruppe an Mindestsicherungsempfängern

Während Kürzungen bei der Mindestsicherung derzeit vielerorts diskutiert werden, wird oft darauf vergessen, dass Frauen - meist Alleinerziehende - die größte Gruppe unter den Mindestsicherungsbeziehern sind - darauf wies die Grüne Landtagsabgeordnete Sandra Krautwaschl am Montag hin: „In der Steiermark liegt der Frauenanteil an Mindestsicherungsempfängerinnen bei 35,2 Prozent, der Männeranteil bei 27,1 Prozent“ - ein Verteilungstrend, der sich auch weiterhin halte.

"Unbezahlte Care-Arbeit ist Frauenjob“

Nach wie vor haben es Frauen am Arbeitsmarkt schwerer, vor allem durch die vielen Zusatzaufgaben, die sie erledigen müssen - Stichwörter Familie und Haushalt. Und das ist nicht bloß ein Klischee, sondern die Wahrheit, wie Christina Lind vom AMS Steiermark bestätigt: „Selbst wenn jede fünfte Frau kinderlos ist, ist sie trotzdem damit beschäftigt, sich um die alten Eltern oder Schwiegereltern zu kümmern - die unbezahlte Care-Arbeit wird eben immer noch von Frauen gemacht.“

Große Hemmschwellen überbrücken

Auch in puncto Berufsauswahl sitzen Klischees oft fest verankert in den Köpfen der Betroffenen. So ist die Hemmschwelle, einen „männertypischen“ Beruf zu ergreifen, bei vielen Mädchen immer noch eine große: „Aber wenn sie dann ein Unternehmen kennenlernen, das ihnen Chancen eröffnet, findet meist ein Umdenken statt“, erkennt Lind.

Sie und ihr Team sind daher bemüht, jungen Frauen auch Berufsmöglichkeiten zu vermitteln, „die sich in Zukunftsbranchen wie Technik oder Handwerk befinden: Das sind oft Branchen, wo ich fixe Arbeitszeiten, ein entsprechendes Gehalt und auch Aufstiegsmöglichkeiten habe“.

Erfolge auf beiden Seiten

Einen besonderen Fokus legt das AMS auf Frauen, die nach einer Familienpause wieder ins Berufsleben einsteigen wollen. Für diese gibt es im ganzen Land die sogenannten Zentren für Ausbildungsmanagement (ZAM), die Frauen Unterstützungsleistungen von einfacher Beratung bis hin zu intensiven Weiterbildungskursen anbieten - mit Erfolg, wie Christina Lind stolz betont.

Und dennoch sei noch ein ordentliches Stück auf dem Weg der Bewusstseinsbildung zu gehen, so die AMS-Expertin, die anmerkt: „Es gibt auch Studien, die zeigen, dass Firmen, die Männer und Frauen im Management einsetzen, erfolgreicher sind“ - ein Potential, dessen immer mehr Unternehmen sich klar werden würden.

Beratungsnetzwerk feiert Einjähriges

Arbeit ist jedoch kein Thema, das Frauen nur beim AMS ansprechen können - auch verschiedenste weitere Beratungsstellen bieten hierfür passende Möglichkeiten. Damit diese noch effizienter zusammenspielen, schlossen sich vor genau einem Jahr alle steirischen Frauenberatungszentren zum Netzwerk der steirischen Frauen- und Mädchenberatungsstellen zusammen.

Im vergangenen Jahr verzeichnete man über 9.800 Einzelberatungen sowie mehr als 18.000 Infokontakte - die häufigsten Themen: Arbeit und Bildung, finanzielle Notsituationen, Armutsgefährung sowie Gewalterfahrungen. Denn viele Frauen erleben nicht nur im Job Ungleichbehandlung, sondern auch schlichtweg schlechte Behandlung im Leben und sind Gewalt ausgesetzt - verstärkt auch in der Öffentlichkeit.

„Mehr Schutz für geflüchtete Frauen und Mädchen“

„Gerade im öffentlichen Raum gibt es Anpöbelungen, Po-Grapschen, usw. - da haben wir auch eine Steigerung: 2014 waren es 7,45 Prozent der Fälle, 2015 bereits 9,13 Prozent“, bestätigt Daniela Grabovac, die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Landes, die befürchtet, dass der Umgangston im öffentlichen Raum ein rauerer geworden ist, „was nicht für unsere Gesellschaft spricht“.

Seitdem die Flüchtlinge - aktuell sind übrigens erstmals mehr Frauen und Kinder unterwegs als Männer - auch die Steiermark erreicht haben, sei eine neue Facette dazugekommen: „Wir haben gesehen, dass gerade Personen, die aussehen, als könnten sie aus Flucht-Ländern kommen, beschimpft, verspottet, bespuckt und auch körperlich attackiert werden, um ein Drittel mehr sind Frauen mit Kopftuch betroffen.“

Anlässlich des aktuellen EU-Türkei-Gipfels zur Flüchtlingskrise - mehr dazu in Weitere Verhandlungen stehen bevor (news.ORF.at) - forderte nun auch der Europarat mehr Schutz für geflüchtete Frauen und Mädchen.

Auszeit für männlichen Machtfaktor

Ob Binnen-I oder „Töchter“ in der Bundeshymne: Auch Sprache, die Frauen genauso einbezieht wie Männer, weckt in vielen Österreicherinnen immer noch Widerstand. Ohne Gleichberechtigung in der Sprache könne es aber keine Gleichberechtigung bei Themen wie Jobs und Gehalt geben, sind die Sprachwissenschaftlerinnen Ruth Wodak und Anatol Stefanowitsch überzeugt - mehr dazu in Warum die ganze Aufregung? (news.ORF.at).

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