Kumberg: Flüchtlingsfamilie ruft EuGH um Hilfe an

Bereits seit Wochen haben viele Menschen in Kumberg versucht, die Abschiebung einer irakischen Flüchtlingsfamilie aus dem Ort zu verhindern. Jetzt rief man auch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um Hilfe an.

Am Montag lief die Frist ab, wonach die vierköpfige Familie, die als sehr gut integriert gilt, Österreich verlassen muss - doch die Familie blieb. Da Österreich Kroatien als zuständig für die Familie sieht, droht nun die Abschiebung - mehr dazu in Kumberg: Verabschiedung von Flüchtlingsfamilie (22.10.2016).

Erst am Wochenende zeigten die Kumberger mit einem Fackelzug, dass sie die irakische Flüchtlingsfamilie weiter im Ort unterstützen wollen. Gemeinsam mit einem Grazer Anwalt schrieb die Familie nun den EuGH an, um die drohende Abschiebung zu verhindern.

„Wir wissen das nur aus unseren Informationen direkt aus Kroatien: Die Flüchtlingsunterbringungen sind angelegt für circa 700 Flüchtlinge - aktuell sind aber über 1.500 Fälle bekannt, die nach Kroatien rückgeschoben worden sind. Das heißt, dass auch die Unterbringung nicht den europäischen Standards entspricht“, so Norbert Johne vom Verein „Kumberg - wir wollen teilen“.

Antwort des EuGH bis Mittwoch erwartet

Als Begründung für einen Verbleib in Österreich wird gegenüber dem EuGH auch angeführt, dass die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) den Vater im Irak zwangsrekrutieren wollte; außerdem wird befürchtet, dass in Kroatien nicht die nötige psychische Betreuung der Frau und ihrer beiden Kinder gewährleistet wäre: „Die Mutter war zwei Wochen lang in psychiatrischer Behandlung, und auch die Kinder sind nach wie vor traumatisiert aufgrund der Flucht aus dem Irak“, so Johne.

Geregelte menschenwürdige Verfahren und eine ausreichende Unterbringung könnten nicht mehr garantiert werden - das sei nach der Europäischen Menschenrechtskonvention ein klarer Fall von Menschenrechtsverletzung. Eine Antwort des EuGH dauert angeblich nicht lange und wird in Kumberg bis Mittwochmittag erwartet.

Zahlreiche Menschen nahmen an Kundgebung teil

Der Fall hatte bereits Mitte September für große Aufregung gesorgt: Damals waren Polizisten am Wohnort der Familie erschienen, um sie zur Abschiebung festzunehmen. Die Kinder - ein Bub und ein Mädchen im Volksschulalter - liefen jedoch davon und versteckten sich. Zur Suche wurde sogar ein Polizeihubschrauber eingesetzt, was zu heftiger Kritik aus der Bevölkerung und von den steirischen Grünen geführt hatte - mehr dazu in Vermisste Kinder wieder aufgetaucht (15.09.2016). Am Sonntag hatten dann zahlreiche Menschen an einer Kundgebung in Kumberg unter dem Motto „Lichtermeer der Menschlichkeit“ teilgenommen.

Regierung macht wenig Hoffnung

Die Bundesregierung selbst macht der betroffenen Familie allerdings wenig Hoffnung: Seitens des Innenministers Wolfgang Sobotka (ÖVP) kamen am Dienstag trotz vorangegangener Proteste keine Signale, dass man Gnade vor Recht walten lassen will. Im Ministerrat betonte Sobotka vielmehr, dass man den Blick auf das Ganze haben müsse und nicht nur Einzelfälle betrachten dürfe. Dass sich die Familie an den Europäischen Gerichtshof wenden will, sei deren gutes Recht.

Grüne appellieren an Schützenhöfer

Der Grüne Klubobmann Lambert Schönleitner appelliert nun an den steirischen Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, seine Kontakte ins Innenministerium spielen zu lassen. Schönleitner bezieht sich dabei auf eine Aussage Schützenhöfers am Wochenende, wonach man bei jenen, die sich integriert haben, aber keinen Asylstatus zugesprochen bekommen, Gnade vor Recht ergehen lassen sollte. Und so fände es auch Schönleitner extrem schade, wenn gerade bei solchen positiven Integrationsbeispielen der Innenminister „in der Pendeluhr schläft“.