Budgetprovisorium bringt Graz in Finanznot

Die vorgezogene Gemeinderatswahl im Februar nächsten Jahres wirbelt das Grazer Budget ordentlich durcheinander. Die Neuwahl macht ein Budgetprovisorium notwendig, dieses beträgt aber nur die Hälfte des Haushaltes von 2016.

Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) und Stadtrat und SPÖ-Chef Michael Ehmann rückten am Freitag aus um die Zahlen für das Budgetprovisorium zu präsentieren. Mit 505 Millionen Euro ist nur die Hälfte des Haushaltes von 2016 veranschlagt. Die Stadt Graz arbeitet also mit einem halbierten Haushalt.

Provisorium nächsten Donnerstag im Gemeinderat

Der außerordentliche Haushalt werde 44,2 Millionen Euro betragen, sagte Nagl. „Dieser ist sonst um 80 bis 100 Millionen Euro höher“, erklärte der Bürgermeister weiter. Am nächsten Donnerstag wird in einer Sondersitzung die Auflösung des Gemeinderates erfolgen - zum ersten Mal in der Stadtgeschichte ein Jahr vor dem eigentlichen Wahltermin, der für November 2017 angesetzt gewesen wäre. KPÖ stimmt Budget nicht zu: Graz vor Neuwahlen (19.10.2016). Vorgezogener Wahltermin ist der 5. Februar 2017. Graz: Gemeinderatswahl für 5. Februar erwartet (24.10.2016). Nagl hoffte, wie auch SPÖ-Chef Ehmann, dass am Donnerstag das vorgeschlagene Budgetprovisorium angenommen werde.

ÖVP-Vorwürfe an die KPÖ

Der Grazer ÖVP-Chef beklagte, „dass von sechs Fraktionen vier nicht bereit waren, den Haushalt mitzutragen“. Die ÖVP gab die Schuld für das Platzen des schon verhandelten Haushalts einmal mehr der KPÖ, baute aber gleichzeitig eine Brücke. Trotz der Vorwürfe von Nagl und Stadtrat Kurt Hohensinner (ÖVP) an die kommunistische Vizebürgermeisterin Elke Kahr baut man der KPÖ eine Brücke, „damit sie mitgehen kann“, wie Nagl sagte. Erstens sei im Provisorium der Speicherkanal nicht enthalten. An diesem als Begleitwerk für das von der KPÖ und Umweltschützern abgelehnte Murkraftwerk Puntigam hatte sich das Scheitern der Budgetgespräche im Oktober abgeleitet. Die Gelder für den Kanal brauche man erst im zweiten Halbjahr 2017, so Nagl.

Nagl hofft auf Zustimmung zum Budgetprovisorium

Zweitens geht es um einen - gemeinsam zu beschließenden - Stopp der automatischen Anhebung der Gebühren für Kanal, Wasser und Müllabfuhr um 0,8 Prozent. Für den Fall, dass es keine Zustimmung der anderen Parteien zum Budgetprovisorium gebe, schaue es nicht gut aus, sagte der Bürgermeister. „Wir haben mit KPÖ, FPÖ und Grünen drei Parteien im Rathaus, die zwar Regierungsfunktion haben, aber ihrer Verantwortung nicht nachkommen wollen“, sagte Nagl. Wenn die Parteien dem Provisoriumsvorschlag zustimmen, dann gebe es auch den Ermessensspielraum und nicht nur die Pflichtausgaben der jeweiligen Ressorts.

Ohne Zustimmung Kuratel möglich

Sowohl Nagl als auch Ehmann schilderten, Vereine und Institutionen stünden bei ihnen Schlange um zu erfahren, wie es mit der Finanzierung weitergehe. Gehe das Provisorium am Donnerstag durch, so könnte man ihnen mehr Planungssicherheit einräumen, wenngleich man die Gebührenaussetzung bis zum Halbjahr 2017 noch einem gesonderten Beschluss unterziehen müsse. Stadtrat Ehmann sprach von einem „sehr vernünftigen Vorschlag". Wird er angenommen, führen wir die Ermessensausgaben fort, bis ein neues Budget steht. April, Mai ist realistisch nach der Wahlkonstituierung. Wir hoffen auf Zustimmung, wenn nicht, kommt es zu einer Art Kuratel unter dem Bürgermeister. Schauen wir, ob damit alle klar kommen“, sagte Ehmann.

15 Millionen für Wohnraumschaffung fehlen

Nagl selbst zeichnete kein rosiges Bild der Lage: „15 Millionen Euro waren vorgesehen für Wohnraumschaffung im Ressortbudget von Kahr, das wird nun nicht im Budget stehen.“ In Mitleidenschaft gezogen sei auch der Radwegeausbau und der Austausch der Parkscheinautomaten, die Feuerwehr kann ein Einsatzboot und Fahrzeuge nicht beschaffen, Grünraumsanierungen müssten verschoben werden. Stadtrat Hohensinner monierte unter anderem, dass es schon geplante Kindergartengruppen nicht geben werde, ebenso den Mehrbedarf an Sprachbildungsmaßnahmen für Flüchtlinge.

KPÖ hält ÖVP-Vorwürfe für nicht zielführend

KPÖ-Vizebürgemeisterin Elke Kahr bezeichnete am Freitag die Kritik der ÖVP an den Kommunisten in einer Aussendung als „nicht zielführend und wenig förderlich“. „Wir schmeißen keine Lokalrunden, sondern treten für mehr Sparsamkeit bei den Ausgaben ein. Die 84 Millionen Euro für den Sammelkanal halten wir nicht für notwendig. Außerdem verlangen wir eine Senkung der Mittel für die Parteienfördung“, sagte Kahr.

Bei der KPÖ erinnerte man Bürgermeister Nagl daran, dass es auch nach der von ihm veranlassten vorverlegten Gemeinderatswahl 2012 ein Budgetprovisorium gegeben hat, das nach den selben Kriterien erstellt werden musste wie das jetzige. Damals habe es von ÖVP-Seite kein Wehklagen über die Beschränkungen gegeben.

KPÖ will Budgetprovisorium zustimmen

Auf die Ankündigung von Nagl, dass es im ersten Halbjahr 2017 keine Gebührenerhöhungen geben soll, reagierte Kahr erfreut. Damit werde die Zustimmung der KPÖ zum Budgetprovisorium möglich gemacht. „Es war nicht zuletzt unsere Ankündigung, dass wir mit einem Antrag im Gemeinderat die Aussetzung der Tariferhöhungsautomatk fordern werden, die diese Entwicklung in Gang gesetzt hat“, sagte Kahr abschließend.