Graz-Wahl: Ex-SPÖ-Klubchef kämpft für ÖVP

Der frühere Grazer SPÖ-Klubchef und Kulturstadtrat Michael Grossmann geht bei der Gemeinderatswahl für die ÖVP ins Rennen: Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) präsentierte ihn am Dienstag als seinen Wunschkulturstadtrat.

Vorwahlzeiten sorgen mitunter für Überraschungen: Unter dem Motto „Kulturpolitik braucht Menschen, die brennen“ rief der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) am Dienstag Kunst und Kultur als wichtigstes Ressort für Graz aus und gewann dafür neben dem ehemaligen Kulturstadtrat Helmut Strobl (ÖVP) mit Grossmann einen - zumindest aus parteipolitischer Sicht - überraschenden Mitstreiter.

Nagl: „Gemeinsam Programm entwickelt“

Der ehemalige SPÖ-Klubchef soll Nagls künftiger Kulturstadtrat werden - so die ÖVP drei Stadtsenatssitze einfährt, werde er Grossmann vorschlagen, so Nagl: „Er hat sich vor wenigen Monaten aus der Politik zurückgezogen, ich habe es aber nicht verabsäumt, auf ihn zuzugehen, weil ich der Meinung bin, dass solche Persönlichkeiten nicht ausscheiden sollten, dass sie der Stadt zur Verfügung stehen sollen. Ich freue mich sehr, dass er jetzt auch mehr darüber nachgedacht hat, wie denn die Kulturpolitik der nächsten Jahre aussehen soll, und ich freue mich, dass wir gemeinsam ein Programm entwickelt haben und dass er mich im Wahlkampf unterstützt.“

Grossmann: „Ich danke dir, Herr Bürgermeister“

Grossmann wandte sich dann direkt an Nagl: „Ich möchte dir, Herr Bürgermeister, recht herzlich danken, dass du diesen Dialog gesucht hast, und das gemeinsame Nachdenken über die Kulturpolitik in der Zukunft zeigt schon, dass du diese Stadt, in all den Jahren, in denen du Bürgermeister bist, wirklich ausgezeichnet nicht nur verwaltest, sondern führst und gestaltest. Ich finde das ganz großartig, dass Kulturpolitik wieder einen zentralen Stellenwert bekommt, ich bin dir sehr dankbar dafür und freue mich, dich in diesem Bereich, als Unabhängiger sozusagen, intensiv unterstützen und sagen zu können, dass das eine tolle Sache ist, und der Hoffnung Ausdruck verleihen kann, dass du auch in Zukunft die Geschicke dieser Stadt lenken wirst.“

Ehmann: „Mache ihn zu einem echten Unabhängigen“

Er, Grossmann, habe SPÖ-Spitzenkandidat Michael Ehmann vor der Pressekonferenz am Dienstag über seinen geplanten Schritt informiert - und der Parteiausschluss folgte auf den Fuß: „Grossmann hat sich als unabhängiger Unterstützer der ÖVP angeboten, ich mache ihn nun zu einem echten Unabhängigen. Die Grazer Sozialdemokratie vertritt klare Werte, die anders sind als jene der ÖVP. Für mich ist dieses Verhalten inakzeptabel“, so Ehmann: Wem Posten wichtiger seien als Grundwerte, der habe in der SPÖ keinen Platz.

Wenige Details

Nagl, Grossmann und Strobl skizzierten am Dienstag einige der gemeinsam erarbeiteten Ideen für die kommenden Jahre: So will die ÖVP unter anderem das Kulturfördersystem auf neue Beine stellen. Details dazu gab es noch nicht, Grossmann meinte jedoch, dass nicht nur die etablierte Kunst, sondern auch wieder verstärkt freie und junge Künstler unterstützt werden sollen.

Unter den geplanten Projekten findet sich weiters eine öffentliche Stiftung für Kinder- und Jugendarbeit im Bereich Kultur, und das Holocaust- und Toleranzzentrum in der Grazer Synagoge soll zu einem vollwertigen Museum aufgewertet werden. Die ÖVP kann sich auch eine „unkuratierte Kunstmesse“ vorstellen, die künftig einmal im Jahr Künstlern und Kulturschaffenden die Möglichkeit bieten soll, sich und ihre Werke dem Publikum und Fachleuten zu präsentieren. Außerdem wünscht sich Nagl in Graz einen universitären Lehrstuhl für bildende Kunst.

Grüne: „Rein marktwirtschaftlicher Kulturbegriff“

Kritisch zu den ÖVP-Plänen äußerte sich die amtierende Kulturstadträtin Lisa Rücker von den Grünen: Die präsentierten Inhalte seien nicht neu. „Im Gegenteil: Nagl und Grossmann wollen in Zukunft mit Stiftungen, Kunstmessen oder als Filmstadt ganz offensichtlich einen rein marktwirtschaftlichen Kulturbegriff verfolgen.“

Die Grazer Gemeinderatswahl am 5. Februar wird möglicherweise auch für die Kulturszene der Landeshauptstadt Änderungen bringen. Künstler und Kulturmanager hoffen auf mehr Geld und langfristige Verträge - mehr dazu in Graz-Wahl: Kulturszene hofft auf mehr Geld.

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