Wahl 17: Griss will „Bildung, Bildung, Bildung“

Mit Irmgard Griss als steirischer Spitzenkandidatin bei der Nationalratswahl setzt NEOS auf ein bekanntes Gesicht. Warum es unter anderem weniger Krankenhäuser und mehr Bildung braucht, verriet sie auf Radio Steiermark.

Immerhin 18,9 Prozent erreichte Irmgard Griss als parteifreie Kandidatin im Rennen um die Hofburg 2016 - dabei kannte die 70-jährige Juristin davor außerhalb der Fachwelt kaum jemand.

Die Luft der breiteren medialen Öffentlichkeit schnupperte sie zunächst als Leiterin der vom damaligen ÖVP-Obmann Michael Spindelegger eingesetzten Hypo-Untersuchungskommission, die die politische Debatte über die Skandalbank beruhigen sollte. Jene, die einen Beschwichtigungsreport befürchteten, wurden von der ehemaligen Höchstrichterin eines besseren belehrt: Der harte Bericht ihrer Kommission schlug wesentlich höhere Wellen, als es später der schleppende parlamentarische Untersuchungsausschuss tat.

Sicher im Umschlängeln von Fettnäpfen

Beflügelt vom darauf folgenden öffentlichen Lob trat Griss schließlich als unabhängige Kandidatin in das Rennen um die Hofburg. Dabei profitierte die gebürtige Steirerin, die aus Deutschlandsberg stammt, nicht nur von der allgemeinen Parteien-Verdrossenheit - sie fuhr eine mit vergleichsweise geringen Mitteln finanzierte, dafür smarte Medien-Kampagne, deren Ass sie selbst war. Denn für eine den Parteien-Zank ungewohnte Fach-Expertin zeigte sie sich im Wahlkampf erstaunlich sicher im Umschlängeln von Fettnäpfen.

So achtbar das Ergebnis bei der Wahl dann schließlich auch war, für den Einzug in die Stichwahl reichte es doch nicht. Dennoch wollten viele Unterstützer nicht wahrhaben, dass es das nun war mit Griss’ politischen Ambitionen: Von mehreren Seiten wurde die Bürgerliche umworben - so bestätigte sie etwa auch Gespräche mit Sebastian Kurz, mittlerweile ÖVP-Obmann auf der Suche nach Prominenten für seine Liste.

Die medialen Spekulationen zogen sich dank der schwammigen Aussagen des Polit-Talents Griss über Monate. Schließlich entschied sich Griss für NEOS, für das sie als steirische Spitzenkandidatin und auf Platz zwei der Bundesliste erneut in den Politring steigt: Mit „Gut Ding braucht Weile“, entschuldigte sie ihr langes Zögern.

Warum viele Krankenhäuser für Griss wenig bringen

Auf Radio Steiermark beantwortete Griss auch Hörerfragen - etwa zu den angedachten Schließungen bzw. Umstrukturierungen der obersteirischen Krankenhäuser Rottenmann, Bad Aussee und Schladming. Laut der steirischen NEOS-Spitzenkandidatin müsse man sich hierbei anschauen, „wie man das Gesundheitssystem aufstellen kann, dass es effizient ist, Leistungen für den Menschen erbringt, die Gesundheitsleistungen leicht erreichbar sind - und natürlich muss es einen Gesamtplan für ein Bundesland geben“.

Irmgard Griss

ORF

Irmgard Griss im ORF Landesstudio Steiermark

Änderungen wie die Reduzierung von Krankenbetten oder die Stilllegung des ein oder anderen Krankenhauses seien notwendig, müssten jedoch auch gut erklärt werden: „Es bringt nichts, wenn man viele Krankenhäuser an vielen Orten hat, wenn nicht genügend Auslastung da ist. Dann wird nicht die Qualität geboten werden können, die die Menschen brauchen und auch verdienen“, so Griss. Darüber hinaus müsse die mobile Betreuung zu Hause über die Krankenversicherung ausgebaut werden - „wie eben auch ein längerer Spitalsaufenthalt finanziert werden müsste. Nur das ist eben wesentlich günstiger als der Spitalsaufenthalt“, ist die Kandidatin überzeugt.

Diskussion der steirischen Spitzenkandidaten

Günter Encic und Sandra Suppan baten die Spitzen der bislang im Nationalrat vertretenen Parteien zum Gespräch.

„Viele wünschen sich flexiblere Arbeitszeiten“

Im NEOS-Parteiprogramm ist unter anderem auch die Rede von flexibleren Arbeitszeiten: „Viele Menschen wünschen sich das, weil sie sagen, ich möchte an dem einen Tag lieber länger arbeiten, und dafür hab’ ich dann am nächsten Tag frei. Ein Problem besteht hier sowohl für Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber - da kommt es immer wieder vor, dass etwa Reparaturarbeiten irgendwo durchgeführt werden, und die können das nicht fertigmachen, weil da die zehn Stunden schon überschritten wären - und da wird auch viel getrickst.“

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Der NEOS-Wahlkampf

ORF-Steiermark-Reporter Gernot Frischenschlager begleitete die steirische Spitzenkandidatin Irmgard Griss im Wahlkampf.

Ein größerer Spielraum könne daher sowohl den Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern nützen und führe zu mehr Ehrlichkeit. In puncto Flexibilität nimmt Griss auch die Kinderbetreuungseinrichtungen in die Pflicht: „Da muss sich noch viel tun.“ Außerdem seien Betriebskindergärten wünschenswert.

„Lebenslanges Lernen“ gegen Arbeitslosigkeit

Um die Arbeitslosigkeit im Alter zu bekämpfen, schlägt NEOS das Programm „Lebenslanges Lernen“ vor, „dass man Menschen die Möglichkeit gibt, sich immer wieder fortzubilden. Stellen Sie sich 5.000 Euro auf einem Bildungskonto für Fortbildungsmaßnahmen vor, damit jemand fit für den Beruf bleibt. Ansonsten: Die Wirtschaft muss wachsen“, fordert Griss, die sich auch insgesamt längere Arbeitszeiten bis zur Pension vorstellen kann.

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Was muss sich in Österreich ändern?

ORF-Steiermark-Reporter Michael Sommer hat sich umgehört, was sich für die Steirer in Österreich ändern muss.

Sie betont: „NEOS sieht die Lösung in Bildung, Bildung, Bildung“ - etwa in Hinblick auf zunehmende Digitalisierung und Informationsüberflutung; auch Fächer wie Programmieren oder kulturelle Bildung, die kritisches Denken und Medienkompetenz umfasst, würde sie in neue Lehrpläne einführen.

Mehr sozialer Wohnraum, weniger Verwaltung

Zwei des 160-seitigen NEOS-Wahlprogramms widmen sich dem Thema Wohnen - und zwei Ansatzpunkte sind es, die es den Menschen laut Irmgard Griss leichter möglich machen sollen, ihre Mieten zu bezahlen: Einerseits brauche es mehr sozialen Wohnraum bzw. müsse mehr gebaut werden, andererseits solle weniger Geld in die Verwaltung der Wohnbaugesellschaften fließen.

Ein Thema, für das sich NEOS einsetzt, sei auch der Ausbau des Öffentlichen Verkehrs sowie auch Park&Ride-Möglichkeiten, um den Individualverkehr außerhalb der Städte abzuwickeln: Große Projekte wie eine U-Bahn für Graz hätte man schon längst beginnen müssen - auch wenn diese aus politischer Sicht nicht immer attraktiv sind. Heute sei das U-Bahn-Konzept allerdings bereits überholt, gibt Griss zu bedenken - man müsse sich andere Möglichkeiten überlegen.

„Kooperation, nicht Koalition mit FPÖ“

Er sei kein „FPÖ-Fresser“, sagt NEOS-Chef Matthias Strolz zu den Fragen des ORF.at-Publikums auf der Wahlcouch. Eine mögliche Koalition in einer Konstellation mit der FPÖ sieht er kritisch: „Es fehlt das gemeinsame europäische Fundament.“ Deshalb mit der FPÖ wenn, dann Kooperation, aber nicht Koalition. Überzeugt ist Strolz hingegen, dass die „alte Schablone Neutralität“ ausgedient habe - mehr dazu in „Kooperation, nicht Koalition mit FPÖ“ (news.ORF.at).

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