Wahl 17: Liste Pilz „will neue Kultur etablieren“

Das einstige Grünen-Urgestein Peter Pilz geht diesmal mit einer eigenen Liste an den Start. Die steirische Nummer Zwei der Liste Pilz, Martha Bißmann, spricht daher im Radio Steiermark-Interview von Altbewährtem und Erneuerung.

Radio Steiermark: Warum brauchen wir die Liste Pilz noch in unserem Politspektrum?

Martha Bißmann: Wir brauchen sie aus zwei Gründen: Es braucht eine starke Opposition, damit die, die die Macht haben, kontrolliert werden, damit man ihnen auf die Finger schaut, und das kann niemand besser als Peter Pilz, das hat er in drei Jahrzehnten seiner Parlamentstätigkeit bewiesen; es hat niemand so ein ausgeprägtes Gespür für Missstände, für Dinge, die falsch laufen, die im Dunkeln den Steuerzahlern potentiell viel Geld kosten, und er hat das Durchhaltevermögen und den nötigen Biss und auch die nötige Schärfe und Intelligenz, Dinge aufzudecken. Und der zweite Grund ist, dass das parlamentarische System, die Demokratie, wie wir sie in Österreich haben, Erneuerung braucht, und wir kombinieren das Altbewährte mit der Erneuerung. Erneuerung heißt bei uns, dass wir das Parlament reformieren wollen, indem wir es transparent machen, wir sorgen dafür, dass das, was in den Abstimmungen passiert und in der parlamentarischen Arbeit, den Menschen auch zugänglich gemacht wird.

„Wer Schwächen des Systems kennt, ist im Vorteil“

Radio Steiermark: Sie sprechen von Erneuerung - jetzt gehört Peter Pilz bei uns aber quasi schon zum politischen Establishment, er ist seit mehr als 30 Jahren in der Politik - wo ist denn da die Erneuerung, außer dass er sich jetzt quasi selbstständig gemacht hat?

Bißmann: Wenn man ein System erneuern will, was Peter Pilz mit seiner Liste vorhat und was wir auch tun werden, dann ist es ein riesengroßer Vorteil, wenn man die Schwächen des Systems auch kennt, und er hat die in den 31 Jahren seiner parlamentarischen Arbeit kennengelernt. Daher kann er als Listenführer ganz genau darauf aufpassen, dass wir nicht die gleichen Fehler machen mit unserer Liste und dass wir eben eine neue politische Kultur etablieren, wo wir ganz pragmatisch Lösungen für die dringendsten Probleme, die wir in Österreich und in der Welt momentan haben, anpacken."

Radio Steiermark: Worin unterscheidet sich die Liste Pilz von den Grünen?

Bißmann: Erstmal sind wir keine Partei - wir sind eine echte Bürgerliste. Dann werden wir nie eine Partei werden - wir werden nie einen Parteiapparat aufbauen, sondern die Liste Pilz wird die Parteienförderung dafür verwenden, eine Plattform zu schaffen für offene Demokratie, die den Draht zwischen den Menschen und dem Parlament legt, und der Parlamentsklub wird der Knoten dieses Bürgernetzes sein. Das ist revolutionär, das wird wirklich eine ganz neue, eine ganz transparente, eine sehr moderne, sachliche, vernünftige Politik in Österreich etablieren.

„Wir bauen offenes Bürgernetzwerk auf“

Radio Steiermark: Das haben aber schon viele versprochen - warum soll das jetzt mit Peter Pilz anders sein? Ich erinnere etwa an das Team Stronach - auch dort hieß es, wir machen quasi alles anders, wir sind keine klassische Partei - die Erfolgsgeschichte ist mittlerweile zu Ende. Warum ist es jetzt anders bei der Liste Pilz?

Bißmann: Es ist immer ein Unterschied, ob man große Töne spuckt und irgendwie von Erneuerung spricht, weil es gut ankommt, oder ob man das dann auch wirklich umsetzen kann und will - und das sind keine leeren Versprechungen. Nach der Wahl wird man sehen: Wir werden uns wirklich hinsetzen, und wir werden wirklich genauso aufbauen, wie wir es versprochen haben, genau dieses offene Bürgernetzwerk, wo sich die Menschen, die Experten, die Engagierten und die Betroffenen einbringen können."

„Keine One-Man-Show“

Radio Steiermark: Ist es nicht eine One-Man-Show - Peter Pilz steht vorne, und dann gibt es noch Kandidaten, aber viel mehr als Zählkandidaten, so hat man den Eindruck, sind diese Experten, wie sie sie nennen, nicht?

Bißmann: Das stimmt überhaupt nicht - das ist keine One-Man-Show. Er hat natürlich einen riesigen Bekannheitsgrad, das ist für den Wahlkampf natürlich wertvoll, das nutzt uns natürlich sehr, ein gutes Ergebnis zu erzielen. Aber wenn sie nun unsere Aktivitäten beobachten: Wir sind alle hoch kompetente, hoch engagierte Menschen auf dieser Liste, die alle von Peter Pilz persönlich ausgewählt worden sind, und dieser Parlamentsklub wird wirklich anders werden, da wird man wirklich zeigen, wie sachorientierte vernünftige Politik funktioniert.

Martha Bißmann

Liste Pilz

Martha Bißmann

Radio Steiermark: Ihr spezieller Bereich - nicht zuletzt aufgrund ihrer Ausbildung - ist das Thema Energie, Energiewende, Klimawandel. Das spielt in diesem Wahlkampf - leider - überhaupt keine Rolle. Wie leid tut ihnen das, dass das Thema des Klimawandels ein absolutes Randthema in diesem Wahlkampf ist?

Bißmann: Das tut mir natürlich leid, weil ich weiß, dass das das drängendste Problem ist, das auf uns zukommt oder mit dem wir jetzt schon konfrontiert sind. Ich weiß aber und akzeptiere auch, dass das die Menschen nicht so sehr interessiert wie die anderen heißen Themen wie Migration oder Flüchtlinge oder die Pension - also die Themen, die uns momentan spürbarer betreffen. Aber wenn wir den Klimawandel nicht einbremsen, dann haben wir auch Migrationsbewegungen, die die aktuellen der letzten zwei Jahre nur wie ein leichtes Vorbeben erscheinen lassen, weil der Klimawandel ist jetzt schon eine der wichtigsten Ursachen für die Migrationsbewegungen, und es wird sich noch verstärken. Es werden große Teile Afrikas unbewohnbar werden, und da sprechen wir dann von Millionen von Menschen, die sich dann auf den Weg machen werden.

„Vertrauensvolle Alternative für die Wähler“

Radio Steiermark: Blicken wir auf den Sonntagabend: Welches Resümee würden sie da dann gerne ziehen?

Bißmann: Ich würde gerne das Resümee ziehen, dass die aktuellen Ereignisse im Wahlkampf - Stichwort Dirty Campaigning, diese Schlammschlacht der zwei Noch-Großparteien - das eh schon angeschlagene Vertrauen der Wähler in die Politik nicht noch einmal geschwächt hat und dass die Liste Pilz eine vertrauensvolle Alternative für diese Wähler ist, eine neue Kultur ins Parlament zu wählen, einer neuen politischen Kultur eine Chance zu geben, eine Partei, die die Mächtigen kontrolliert und die es schafft, das Vertrauen in die Mächtigen wiederherzustellen.

Das Gespräch führte ORF-Steiermark-Redakteur Wolfgang Schaller

„Heimat ist unser Verfassungsstaat“

„Für mich steckt in dem Begriff Heimat Österreich unser Verfassungsstaat, unsere offene Gesellschaft“, sagt Peter Pilz auf der ORF.at-Wahlcouch. Das seien Punkte, auf die er selbst in einem „Lernprozess“ gekommen sei, so der ehemalige Grünen-Politiker. Ein Verbot religiöser Symbole im öffentlichen Dienst hält Pilz für „gescheit“ - aber: „Das schöne Bild vom Bundespräsidenten darf hängen bleiben.“ - mehr dazu in „Heimat ist unser Verfassungsstaat“ (news.ORF.at).

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