Übergewicht bei Kindern als soziales Problem

Immer mehr Kinder und Jugendliche sind zu dick, wie eine neue weltweite Studie bestätigt. Heimische Ernährungsexperten sehen mehrere Ursachen wie fehlende Kochkultur, wenig Bewegung - aber auch soziale Faktoren.

Seit Jahren gibt es zahlreiche Initiativen etwa vom Gesundheitsfonds oder Styria Vitalis, damit es gar nicht erst zu Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen kommt - Stichwort „Gesunde Jause“ in Schulen und Kindergärten. Trotzdem gelten laut der jüngsten Studie, an der auch die Uni Innsbruck beteiligt ist, mehr als elf Prozent der Buben als stark übergewichtig, bei den Mädchen sind es sechs Prozent - mehr dazu in Übergewicht bei Kindern steigt leicht (tirol.ORF.at)

Studie

APA/The Lancet

„Aufwand von Zeit, Interesse und Liebe“

Die Psychotherapeutin Marguerite Dunitz-Scheer, Expertin für kindliche Essstörungen, sieht Übergewicht als soziales Problem, das bei Kindern aus bildungsschwächeren Schichten viel eher vorkomme: „Das hat mit zwei hauptsächlichen Faktoren zu tun. Gesunde Ernährung braucht Zeit und/oder Geld. Es ist teuer, und billiger gesund kochen geht nur mit deutlich mehr Aufwand von Zeit, Interesse und Liebe.“

Zudem seien oft beide Elternteile berufstätig - der gemeinsame Familientisch finde nur ein- bis zweimal pro Woche statt: „Das ist eigentlich das Drama - dass unsere nächste Generation keine Kochkultur mehr erlebt. Die Anzahl Zwölf- bis 18-Jähriger, die, wenn sie ins Studenten- und Erwachsenenleben hinüberswitchen, sagen können, ich kann so gut kochen, dass ich gut für mich und meine Freunde sorgen kann, findet sich im Unter-Fünf-Prozent-Bereich“, alarmiert die Expertin.

Kinder als „Sitzwesen“

Kinder seien durch Handy, Tablets und Co. zu „Sitzwesen“ geworden, so Dunitz-Scheer. Bei Kindern, die sich wenig bewegen, sei der Kalorienbedarf um bis zu ein Drittel niedriger. Der Ausweg: Eltern sollen selbst hochwertig essen, in Sachen Kochkultur ein Vorbild sein und Kinder schon ab zwei, drei Jahren aktiv in die Essenszubereitung einbinden. Das Thema Ernährung zu wichtig zu nehmen, könne allerdings sogar zum gegenteiligen Effekt führen - nämlich zu bedenklichem Untergewicht bei Vorschulkindern.