Sexuelle Belästigung: Mehr Beschwerden bei AK

Nach Bekanntwerden der sexuellen Übergriffe durch den amerikanischen Filmproduzenten Harvey Weinstein wird das Thema sexuelle Belästigung weltweit diskutiert. Auch die Arbeiterkammer Steiermark verzeichnet einen Anstieg bei den Beschwerden.

Allein in der Steiermark gehen jedes Jahr mehr als 100 offizielle Beschwerden zu sexueller Belästigung bei der Arbeiterkammer (AK) ein, die Dunkelziffer liegt weit höher - mehr dazu in Hohe Dunkelziffer bei sexueller Belästigung (6.11.2017). Im Zuge der #MeToo-Bewegung sind in den vergangenen Wochen auch die Beschwerden bei der AK Steiermark gestiegen.

AK schildert aktuellen Fall

Sexuelle Belästigung und Übergriffe finden nicht nur in der Welt der Reichen und Mächtigen statt. Ein aktueller Fall, der der Arbeiterkammer Steiermark zugetragen wurde, zeigt, wie es im Job zugehen kann. Ein Jahr lang, von Beginn ihres Ausbildungsverhältnisses zur Malerin an, wurde eine 18-Jährige von zwei Kollegen und dem Firmenchef verbal und physisch sexuell belästigt. Der eine Kollege versuchte sie unsittlich zwischen den Beinen zu berühren, wenn sie auf der Leiter stand. Intime Fragen standen auf der Tagesordnung. Der zweite Kollege grapschte der 18-Jährigen gern von hinten an die Brust.

„Geh Mauserl, stell dich nicht so an“

Wenn die Jugendliche versuchte, das unangemessene Verhalten abzustellen, wurde sie mit schweren Arbeiten „bestraft", und es kamen Kommentare wie „Geh Mauserl, stell dich nicht so an“. Der Arbeitgeber hätte im Rahmen seiner Fürsorgepflicht die Belästigungen abstellen müssen - dieser hatte sich aber selbst nicht im Griff: Oft fragte er, ob der Lehrling ihn nicht massieren könne, heißt es in einer Aussendung der Arbeiterkammer.

Opfer braucht psychologische Betreuung

Die AK Steiermark ging für den Lehrling vor Gericht. Nun einigte man sich außergerichtlich auf 3.600 Euro Schadenersatz. Die Jugendliche musste sich in Psychotherapie begeben. Pro Jahr gibt es bei der AK Steiermark um die 100 Beschwerden wegen sexueller Belästigung. „20 bis 30 landen vor Gericht“, schildert Bernadette Pöcheim, Leiterin der Abteilung Frauen und Gleichstellung. Die Klassiker sind verbale Belästigung, gefolgt von Po- und Busengrapschen bis hin zur versuchten Vergewaltigung. 80 Prozent der Arbeitnehmerinnen sind betroffen. Die häufigsten Beschwerden kommen aus dem Gastgewerbe und dem Dienstleistungsbereich.

Mit offener Hose im Besprechungszimmer

Die Täter finden sich in allen gesellschaftlichen Schichten: vom Uni-Professor hin zum Hilfsarbeiter. „Da wartet der Chef im leeren Besprechungszimmer mit offener Hose und Kondomen am Tisch. Einer lesbischen Frau wird in die Hose gegriffen, damit sie wieder ‚gescheit denken könne‘ oder der Vorgesetzte bietet einen ‚Dreier‘ mit seiner Frau an", schildert Pöcheim. „Wir haben auch Fälle, wo der Täter schon mehrmals arbeitsrechtlich belangt wurde - die sogenannten Betriebsgrapscher.“

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist kein Kavaliersdelikt, sondern ein strafrechtlich relevanter Tatbestand: Im Vorjahr wurde etwa ein notorischer Pograpscher zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt.

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